Art Cologne:Malerei in Zeiten der Pandemie

Art Cologne Press Preview visitors are seen at Art Cologne Press preview at Cologne trade fair center in Cologne, Germa

Daniel Hug, künstlerischer Leiter der Art Cologne, der ältesten Kunstmesse der Welt, hat die Gänge zwischen den Kojen auf fünf Meter verbreitert.

(Foto: Ying Tang/Imago)

Auf der Art Cologne sucht man internationale Sammler vergeblich. Und nicht nur die. Ein Rundgang.

Von Catrin Lorch

Wenn man seine Messe in der Pandemie dreimal verschoben hat, dann weiß man Bescheid über Hygienekonzepte, Einreiseregeln und wie man elektronische Tickets automatisch mit Impfnachweisen verlinkt. Daniel Hug, künstlerischer Leiter der Art Cologne, der ältesten Kunstmesse der Welt, hat sogar die Gänge zwischen den Kojen wieder auf fünf Meter verbreitert, ausgerechnet, war doch die "Verengung auf drei Meter meine erste Maßnahme bei Amtsantritt". Der Markt sollte trubelig sein, international, dicht. Jetzt sind in den beiden Hallen die teilnehmenden 150 Galerien wieder luftig angeordnet, auch in der benachbarten Halle, wo auf der Cologne Fine Arts Kunst und Antiquitäten seit der Antike angeboten werden.

Doch sind es an den Vernissagen-Tagen andere Nachrichten, die sich vordrängen - schon wegen der Bilder vom 11. November. Als in der Domstadt der Beginn des Karnevals auf den Straßen gefeiert wurde, hagelt es Absagen von Sammlern. Mit Gästen aus der Schweiz, Österreich, Frankreich, Italien oder gar den USA und Asien rechnet bei dieser ersten Ausgabe seit Beginn der Pandemie ohnehin kaum jemand.

Andererseits gibt es aktuell auch News, die gute Geschäfte versprechen: Christie's konnte die Pressemitteilung zur Auktion von Kunst des 21. Jahrhunderts mit "Ausverkauft!" betiteln, sensationelle Preise und Rekorde für Künstler wie Peter Doig, Barbara Kruger, Nicolas Party oder Dana Schutz inbegriffen, vor allem in der Kategorie "Paintings". Dass Mitte der Woche dann auch Sotheby's die umsatzstärkste Auktion aller Zeiten vermeldete, bei der Mark Rothko für 82 Millionen Dollar und Giacomettis "Nase" für 50 Millionen Dollar nach Asien verkauft wurden, belegt: Reiche Menschen sind weltweit komfortabel durch die Pandemie gekommen und gieren (schon aus Angst vor Inflation und Steuern) nach Sachwerten, die man elegant präsentieren oder in Freilagern verstecken kann.

Ob Messen überhaupt eine Zukunft haben, wagt derzeit keiner zu sagen

Aus der Perspektive der pandemiegebeutelten Art Cologne bedeutet das, dass eine Galeristin wie Deborah Schamoni schon bei der Anreise von München im ICE die ersten Gemälde verkauft. Aileen Murphys bunte Leinwände gehen direkt nach China, die Irin, eine Städel-Absolventin, gefällt dem jungen Sammler, er ist 27 Jahre alt und baut für seine gut 1000 Werke gerade ein Privatmuseum. Kein Zufall, dass es Gemälde sind, die jetzt Konjunktur haben, Leinwand boomt, wenn der Kunstmarkt von Reichen dominiert wird. Und Leinwand ist in wirtschaftlich schweren Zeiten die sichere Nummer, wenn Galerien Standgebühren, Hotelkosten und Werbung schnell wieder einspielen müssen.

Selten haben sich Kunstmarkt einerseits und Kuratoren und Ausstellungsmacher andererseits so weit voneinander entfernt wie in diesem Moment. Das Magazin Monopol hat zum Messestart die Liste der Einflussreichsten in der Kunst veröffentlicht: Auf den ersten Rängen wird Diskurskunst gefeiert, vom Kollektiv Ruangrupa, das die nächste Documenta verantwortet, der Medienkünstlerin Hito Steyerl, der Konzeptkünstlerin Adrian Piper bis zu Annicka Yi, deren Werk vor allem auf biologische Prozesse setzt. In den Hallen der Messe sieht man aber weder Videomonitore noch Projektionen, Installationen, Performance oder gar Konzept.

Werden Sammler die neuen, digitalen Angebote, die VR-Showrooms und virtuellen Atelierbesuche annehmen?

Wer in der der zeitgenössischen Kunst vorbehaltene Halle der Art Cologne über die Rolltreppe anlandet, dem stellen im Entree die - erstmals wieder - angereisten Berliner Galerien Esther Schipper und Neugerriemschneider immerhin ein paar ausstellungswürdige Skulpturen in den Weg, hinter denen gleichfalls museale Konzeptkunst von Barbara Kruger und John Baldessari (bei Sprüth Magers) oder Peter Fischli und Isa Genzken (bei Daniel Buchholz) aufscheint. Und dahinter gibt es eigentlich fast nur noch das zu sehen, was man vor wenigen Jahren noch als "Flachware" apostrophierte, Baselitz, Immendorff, Katz.

Ist das eine Rechnung, die im Herbst 2021 aufgeht? Wird sich der unmittelbare Konkurrenzdruck solcher Messen in postpandemischen, abstandssensiblen Zeiten verlaufen? Werden Sammler die neuen, digitalen Angebote, die VR-Showrooms und virtuellen Atelierbesuche letztlich annehmen - oder wieder zu den Partys zurückkehren wollen, die das internationale Messekarussell versprach? Asien oder USA? Nicht einmal Daniel Hug wagt sich derzeit an eine Prognose: "Es wird mindestens ein, zwei Jahre dauern, bis wir wirklich beurteilen können, wie der Kunstmarkt sich entwickelt."

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