ARD: Honorar für Talkshow-Gäste?:Ohne Moos nix los

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Seit dem Honorar-Skandal um Jan Ullrich zahlt die ARD offiziell kein Geld für Interviewpartner. Warum "Waldi und Harry" Probleme haben, Sportler ins Studio zu bekommen.

Sebastian Krass

Matthias Steiner hat es richtig gemacht, findet ARD-Mann Werner Rabe. Nach seinem Olympiasieg am Dienstag hatte der Gewichtheber die Chance, aus dem Schatten der medialen Aufmerksamkeit heraustreten. Und er tat es. "Der hat einen Marathon durch alle Sendungen gemacht", erzählt Rabe am Mittwochabend Pekinger Zeit.

Harald Schmitt und Waldemar Hartmann warten als "Waldi und Harry" in Peking für die ARD auf Gäste. (Foto: Foto: dpa)

Wenn nur alle so unkompliziert wären wie der nette, schwere Hantelstemmer - so klingt es bei Rabe, dem Sportchef des Bayerischen Rundfunks. In Peking ist es seine Aufgabe, Studiogäste für die ARD zu besorgen. Eine Arbeit, die ihm diese Woche ungewollte Aufmerksamkeit beschert hat.

Am Dienstag in der Bild-Zeitung hatte er sich über die Schwimmerin Britta Steffen beschwert, die einen Auftritt bei Waldi& Harry absagte, weil sie nach sechs Stunden Interviews erschöpft gewesen sei. Ein Satz Rabes erregte Aufsehen: "Wir zahlen schließlich Geld, eine Pauschale, für Interviews während Olympia."

Damit hatte er ein Politikum geschaffen. Interviews gegen Bezahlung - das ist bei der ARD ein sensibles Thema, seit vor etwa zwei Jahren der Exklusivvertrag bekannt wurde, den die Anstalt über viele Jahre mit dem Radprofi Jan Ullrich hatte. Die ARD präsentierte Ullrich hier und da in ihrem Programm und zahlte dafür Geld. Und das nicht zu knapp: 195000 Euro pro Jahr, plus Prämien für Ullrichs sportliche Erfolge. Seit diesem Skandal ist angeblich alles anders. Die ARD zahlt Sportlern kein Geld für Interviews, so die offizielle Regelung.

Nach ihr handelt auch Rabe in seinem Tagesgeschäft. Er war nur davon ausgegangen, dass die ARD auf übergeordneter Ebene dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) dafür Geld gibt, dass der seine Athleten ins Studio lotse - so wie früher. 2004 in Athen etwa soll die Anstalt 45000 Euro überwiesen haben. Heute erklärt der NDR, der die Olympia-Berichterstattung fürs Erste koordiniert: "ARD und ZDF zahlen in Peking kein Geld für Sportlerinterviews."

Es gibt aber durchaus eine Zusammenarbeit zwischen DOSB und ARD/ZDF. Die Sender stellen dem Verband im Deutschen Haus Technik bereit und erhalten dafür "quasi als Untermieter Flächen für unsere Sendungen, etwa für Waldi & Harry und die Olympia Highlights im ZDF", erklärt Martin Gartzke, Sprecher des NDR. Die FAZ hatte berichtet, dass es auch eine "feste Vereinbarung" über Interviews geben solle. Das dementiert Gartzke: "Die Frage von Interviews mit Sportlern ist in der Vereinbarung nicht geregelt."

NBC und BBC zahlen ganz selbstverständlich Honorare

Das weiß nun auch Rabe. "Ich war falsch informiert. Das nehme ich auf meine Kappe", sagt er. Mit Honoraren hat er trotzdem in Peking täglich zu tun, wenn auch nicht bei deutschen Sportlern. "Die wissen, dass es hier kein Geld gibt - im Gegensatz zu mancher Studiosendung in Deutschland, auch im Sport, wo das Honorar dann als Aufwandsentschädigung deklariert wird." Die Lage ist eine andere, wenn Rabe sich bemüht, ausländische Sportlerprominenz zu locken. "Ich habe gerade versucht, Natalie du Toit zu bekommen", erzählt er. "Wir hatten gedacht: Die hat eine Mission."

Die südafrikanische Langstreckenschwimmerin macht Furore, weil sie trotz eines amputierten Beins bei Olympia startet. "Aber keine Chance. Da redet das Management gleich von festen Verträgen und Honoraren", sagt er. Auch Chinas Sportler seien für ihn wegen der Geld-Forderungen unerreichbar. Rabe verweist auf Sender wie NBC oder BBC, die ganz selbstverständlich Honorare zahlten.

Einmal aber hatte Rabe Erfolg, beim Schützen Abhinav Bindra, dem allerersten indischen Einzel-Olympiasieger: "Den haben wir durch Kontakte zu seinem deutschen Verein bekommen, ohne zu bezahlen."

© SZ vom 21.08.2008/sst - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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