Architektur:Le Corbusiers Unité-Haus in Berlin

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500 Wohnungen: Das "Corbusierhaus" im Berliner Westend. (Foto: Florian Goldmann)

Moderner Wohnungsbau mit toller Aussicht: Nach 60 Jahren ist dieses Gebäude interessanter denn je.

Von Wolfgang Schreiber

Man kann es fast täglich sehen - Archi-tekturinteressierte umrunden das Haus, um zu erkunden, wie sie ist, die "Wohneinheit Typ Berlin" des französischen Architekten Le Corbusier. Nach 60 Jahren ist das Gebäude mit seinen über 500 Wohnungen interessanter als je zuvor. Der Architekt hat bereits ab den Zwanzigerjahren Modelle für eine "Moderne Stadt" entwickelt und neue Konzepte für ihre Häuser. Aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg hatten in Deutschland solch revolutionäre Ideen eine Chance auf Verwirklichung, wenngleich auch nur unvollständig und nur in diesem einen Haus. Hier sollte jeder Bewohner, anders als in gründerzeitlichen Altbauten, den gleichen Zugang zu Licht und Sonne haben.

Das denkmalgeschützte "Corbusier-haus" in Charlottenburg-Westend, gleich neben dem Olympiastadion, ist ein Solitär geblieben, hat nahe dem Grunewald die privilegierte Lage im Grünen, die man als Bewohner genießt. Dabei ist die soziale Mischung der Bewohnerschaft des 1958 realisierten sozialen Wohnungsbaus bis heute prägend. Damals hätten hier zwei-hundert Kinder gespielt, so sagen noch lebende Ur-Bewohner. Der große Spiel-platz unter inzwischen hohen Bäumen ist heute fast verwaist, der Autostellplatz dafür voll. Eine ähnliche "Unité d'habitation", jedoch mit Kindergarten auf dem Dach, hatte der Architekt zuerst in Marseille, danach in drei weiteren französischen Städten errichten können.

Die Ein- bis Dreizimmerwohnungen sind von zehn "Innenstraßen" erreichbar, sie wurden und werden von den Bewohnern im Laufe der Jahre nach Zeitgeist und neuem Bedarf verändert. Geblieben ist überall der prachtvolle Blick aus raum-breiten Fenstern und von den Loggien, im Osten Richtung große Stadt und im Westen auf das Olympiastadion, die Sonnenaufgänge hier und die -untergänge dort. Auf allen Seiten der geräumige Himmel über Berlin. Wie im Corbusierhaus die Wohnungen ursprünglich aussahen, kann man bis Ende September in einer raren historischen Wohnung der zweiten Straße besichtigen, die originale Einbau(!)küche mit Glaswand zum Zimmer, die aus dem Zimmer nach oben führende offene Treppe - diese ganz neue Art, knappen Platz so transparent und 'schick' zu gestalten, machte diese Wohnungen zum Traum.

© SZ vom 08.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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