Architektur:Im Angesicht der Natur

Architektur: Die spektakuläre Naturbeobachtungsstation von Snøhetta in Norwegen formt die Berge nach und ist auf einer Seite offen, auf der anderen sitzt man in einem Glaskubus.

Die spektakuläre Naturbeobachtungsstation von Snøhetta in Norwegen formt die Berge nach und ist auf einer Seite offen, auf der anderen sitzt man in einem Glaskubus.

(Foto: Ketil Jacobsen/Snøhetta)

Zwei Ausstellungen - in der Architekturgalerie im Kunstareal und im Bunker an der Blumenstraße - lassen die Welt des norwegischen Architekturbüros Snøhetta lebendig werden

Von Evelyn Vogel

Die Bibliothek in Alexandria, das Opernhaus in Oslo, die Zentralbibliothek in Calgary, das Kunstmuseum in Lillehammer, der Erweiterungsbau des Museum of Modern Art in San Francisco, der Museumspavillon beim "September 11 Memorial" in New York, das erste Unterwasserrestaurant Europas vor der Küste Norwegens, das Besucherzentrum von Lascaux IV, dem Nachbau der berühmten Höhle in Frankreich, eine spektakuläre Natur- und Wildtierbeobachtungsstation in einem norwegischen Nationalpark - all das hat das Architekturbüro Snøhetta gebaut. Und wurde dafür vielfach ausgezeichnet, unter anderem 2004 mit dem renommierten Aga-Khan-Preis für Architektur. Eyecatcher wie die oben genannten gäbe es noch mehr aufzuzählen. Man schaue sich nur die Pläne für das Opernhaus in Shanghai an.

Doch das 1989 gegründete und heute von den beiden Mitbegründern, dem Norweger Kjetil Thorsen und dem Amerikaner Craig Dykers, geführte Büro für Architektur, Landschaftsarchitektur, Innenarchitektur und Markendesign steht für mehr als die berühmten Signature Buildings. Der intensive Bezug von Architektur und umgebender Natur oder Stadtraum prägt die architektonischen Interventionen von Snøhetta, das neben dem Hauptbüro in Oslo mittlerweile auch Niederlassungen in Innsbruck, Stockholm, Paris and Adelaide unterhält. Ein Beispiel, wie auf den ersten Blick unspektakulär, im Detail aber präzise durchdacht dieses Konzept aussieht, zeigt der umgestaltete, verkehrsberuhigte Times Square in New York, wo Snøhetta aus dem fußgängerfeindlichen, verkehrsumtosten Dreieck einen für Menschen gemachten Erlebnisort mit Wohlfühlcharakter gemacht hat.

Ein weiteres signifikantes Beispiel, wie Snøhetta Gebäude und Räume formt, ist die Gestaltung des Swarovski-Areals im österreichischen Wattens. Hier ging es den Architekten nicht nur um die visionäre Gestaltung einer Manufaktur, die als "Kristallatelier des 21. Jahrhunderts" Form annahm, sondern um das Gesamtareal, auf dem sowohl die Landschaft mit den Streuobstwiesen gestaltet wurde als auch ein weiteres beachtenswertes Gebäude entstand, das mit "Spielturm" kaum hinlänglich beschrieben werden kann. Auf dieses Projekt insbesondere konzentriert sich die Ausstellung in der Architekturgalerie in der Türkenstraße. Anhand von Modellen, Fotos und Skizzen zeigt die Ausstellung dort, wie Snøhetta sein Prinzip des "kontextualisierten Konzepts" umsetzt.

Parallel dazu zeigt die Architekturgalerie im Bunker an der Blumenstraße in großformatigen Leuchtkästen und zahlreichen Videos weltweite Projekte von Snøhetta. In diesem Zusammenspiel der beiden Ausstellungsorte zeigt sich einmal mehr, wie richtig die Entscheidung der Stadt war, die Bespielung des Bunkers in die Hände der Leiterin und Kuratorin der Architekturgalerie, Nicola Borgmann, zu legen, die im vergangenen Jahr erst für ihre Verdienste im Bereich der Architekturvermittlung mit dem Architekturpreis der Stadt München ausgezeichnet wurde. Denn während man sich in der Galerie im Kunstareal sachlich vertiefend auf das Swarovski-Projekt einlassen kann und auch andere Projekte mit den üblichen Vermittlungstechniken nähergebracht werden, setzt Borgmann im Bunker vorwiegend auf die visuelle und emotionale Komponente.

Die kurzen Filme sind fast ebenso spektakulär gedreht, geschnitten und musikalisch unterlegt, wie die Architektur selbst entworfen und in der Natur realisiert ist. Im Halbdunkel auf roten Sitzkissen fläzend kann man sich hier auf Entdeckungsreisen durch die Welten von Snøhetta begeben oder in einem Zwei-Kanal-Video verschiedene Making-Offs der Gebäude verfolgen. Ein Film mit einem Interview mit Thorsen und Dykers bringt einem das norwegische, mittlerweile seit 30 Jahren bestehende Architekturbüro und die Gedankenwelt seiner Macher eindrucksvoll näher.

Snøhetta Shaping Interaction, Architekturgalerie, Türkenstr. 30, Mo-Fr 9.30-19 Uhr, Sa 9.30-18 Uhr, im Bunker, Blumenstr. 22, Do-Fr 17-20 Uhr, Sa, 15-18 Uhr, beide bis 6. Juli. Snøhetta Building Landscapes, Gespräch zwischen Jenny Osuldsen, Snøhetta Oslo, und Regine Keller, TU München, Di., 25. Juni, 19 Uhr, im Bunker, Blumenstr. 22

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