Archäologie:Weibliche Geistliche

In Israel haben Archäologen in den Überresten einer Kirche die Gräber von Frauen gefunden, die als Oberin oder Diakonissen verehrt wurden. Die Basilika aus der frühchristlichen Zeit birgt zudem die Massengräber einer Pest-Epidemie.

Von KNA

Nahe der südisraelischen Hafenstadt Aschdod haben Archäologen eine der frühesten und größten bisher bekannten Basiliken des Landes freigelegt. Besonders an dem Fund aus dem vierten oder fünften Jahrhundert sind Massengräber mit Inschriften für weibliche Geistliche, wie israelische Medien am Mittwoch unter Berufung auf die Tageszeitung Haaretz mitteilten. In der im Jahr 2017 entdeckten Kirche, einer dreischiffigen Basilika mit mehreren Annexbauten und Kapellen, wurden Bodenmosaiken gefunden mit Kreuzen, geometrischen Motiven und Tierszenen sowie einem Dutzend Inschriften, die Männer und Frauen in gleichem Maße würdigen.

Darunter eine "Heilige Mutter Sophronia", möglicherweise die Oberin eines nahen Klosters, sowie mehrere Diakonissen. Dies mache die Basilika einzigartig, so der Archäologe Joseph Patrich von der Hebräischen Universität Jerusalem. Unbekannt ist unterdessen, wem die Kirche geweiht war. Die Forscher fanden in der Apsis ein Grab, vermutlich aus der spätrömischen Zeit vor dem Bau der Basilika, mit einem einzelnen Skelett. Die einfache Bestattung ohne Artefakte sei typisch für frühchristliche Heilige, sagte die Anthropologin Hila May aus Tel Aviv. Laut May handelt es sich um die sterblichen Überreste einer Frau. Weitere Gräber unter der Basilika seien zu einem späteren Zeitpunkt wieder benutzt worden. Die in Massengräber gelegten Toten verweisen möglicherweise auf eine Pestepidemie, die das Byzantinische Reich um das sechste Jahrhundert herum lähmte.

Auf eine Zeit der Krise und des Massensterbens deuten demnach auch die überstürzten Reparaturen der durch die Graböffnungen beschädigten Bodenmosaiken sowie die Verwendung von Kalk zur Abdeckung der Toten. Kalk wurde zur Eindämmung von Gerüchen und Ansteckung verwendet. Die nach Kaiser Justinian (um 482 bis 565) benannte Epidemie soll laut antiken Historikern Millionen Tote gefordert und wesentlich zum Niedergang des Oströmischen Reiches beigetragen haben. Bisher gab es jedoch nur wenige archäologische Hinweise auf ihre Auswirkungen. Der griechisch-orthodoxe Patriarch von Jerusalem Theophilos III. äußerte laut Haaretz den Wunsch, die Kirche möge erhalten und Wissenschaftlern sowie Pilgern zugänglich gemacht werden. Zunächst wurden die Funde erneut abgedeckt, um sie vor Witterungseinflüssen und Vandalismus zu schützen.

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