Antoine de Saint-Exupéry:Ein rätselhafter Mythos

Leben und Tod des fliegenden Dichters Saint-Exupéry bleiben ein Rätsel - auch wenn nun der Pilot auftaucht, der ihn abgeschossen haben will.

Gerd Kröncke

Sie hätten ihn gar nicht fliegen lassen sollen, nicht im Ernstfall, nicht im Krieg. Denn erstens war er für einen Flieger schon ein bisschen zu alt, war schon ausgemustert gewesen, neigte zudem zu Übergewicht und war zu groß für das enge Cockpit. Und zweitens haben sie uns möglicherweise um ein paar ungeschriebene Meisterwerke gebracht.

Antoine de Saint-Exupéry: Auch "Der kleine Prinz" verschwand am Ende des gleichnamigen Buches. Wahrscheinlich zurück zu seinem Planeten.

Auch "Der kleine Prinz" verschwand am Ende des gleichnamigen Buches. Wahrscheinlich zurück zu seinem Planeten.

(Foto: Foto: ap)

Antoine de Saint-Exupéry aber hat, weil er erstens Patriot war und zweitens als Schriftsteller das Abenteuer suchte, nicht locker gelassen. Schließlich war es ihm gelungen, ein paar hohe Dienstgrade mit seiner eigenen Bedeutung zu bestechen.

Sein Tod am 31. Juli 1944 hatte etwas Geheimnisvolles. Er ist vom Aufklärungsflug vor der französischen Mittelmeerkünste nicht zurückgekehrt, hieß es immer. Für seine Leser schwang dabei ein Rest Ungewissheit mit. Hätte er nicht wie der kleine Prinz einen kleinen unbekannten Planeten, vielleicht von einem Schaf bewohnt, finden können?

Seine Zeichnungen, diese scheinbar naiven Figuren zierten, bevor uns der Euro ereilte, die französischen 50-Franc-Note. Es war kein großer Schein, aber man konnte davon eine warme Mahlzeit mit Wein in einem Bistro bezahlen.

Es muss Zeiten gegeben haben, da Saint-Exupéry eine entsprechende Summe als viel Geld erschien. Er hatte zwar früh zu schreiben begonnen, aber zunächst erfolglos und seine Leidenschaft galt dem Fliegen. Als Postflieger war er 1927 in Cap Juby stationiert, dem heutige Tarfaya im Süden Marokkos, "tausend Kilometer vom nächsten Bistro entfernt".

All seine berühmten Geschichten, "Wind, Sand und Sterne" zum Beispiel, vor allem aber "Der kleine Prinz", haben ihren Ursprung in seiner Zeit als Postflieger, der gelegentlich abstürzte. Später ist er damit auch in Deutschland berühmt geworden. Das schmale Bändchen erreichte bei uns eine Millionenauflage. Nachkriegsgenerationen ließen sich verklären. Wer eine junge Mutter beeindrucken wollte, schenkte ihrem Jungen den "kleinen Prinzen", der nach einer aktuellen Umfrage zu den beliebtesten Büchern der Deutschen zählt, noch immer vorne auf Platz 5.

"Wenn du nicht abhaust, schieß ich dich ab"

Für seinen Nachruhm in Frankreich ist nachhaltig gesorgt: Es dürfte keinen Dichter des zwanzigsten Jahrhunderts geben, nach dem so viele Schulen benannt worden sind. Der Flughafen von Lyon wurde zum hundertsten Geburtstag des Dichters umgetauft.

In Lyon ist Saint-Exupéry geboren. In der Nähe hatte die Familie auf einem Landsitz gelebt. Das Herrenhaus bei Saint-Maurice-de-Rémens wird im Dorf "Château de Saint-Exupéry" genannt. Hier hat sich schon der Zwölfjährige für die Fliegerei begeistert, hier auf dem nahegelegenen Flugplatz Ambérieu hat er zum erstem Mal in einer Maschine gesessen. Manche behaupten, dass er auf seinem letzten Flug noch einen Umweg geflogen sei, um eine Schleife über dem Schloss zu drehen.

Sein Maschine vom Typ P-38 Lightning war von der korsischen Flugbasis Borgo gegen 14.30 Uhr aufgestiegen. Das Rätsel um seinen Tod blieb lange ungelöst. Vor zehn Jahren war einem Fischer ein Armband mit seinem Namen ins Netz gegangen. Taucher fanden angeblich die Maschine. Aber die letzte Gewissheit fehlte, und wer weiß, ob wir mit der späten Aussage des deutschen Piloten Horst Rippert Gewissheit haben. Aber allein, ihn gefunden zu haben, ist eine saubere journalistische Leistung.

Mit zwei neuen Büchern wird möglicherweise das letzte Geheimnis geklärt. Rippert, Bruder des Sängers Ivan Rebroff und damals ein junger Mann von 24 Jahren, war einer der wenigen deutschen Piloten, die noch im Südosten Frankreichs flogen.

Er schildert, wie er plötzlich die zu tief fliegende französische Lightning in seinem Sektor bei Toulon auftauchen sah. "Pass auf, mein Junge, sagte ich mir, wenn du nicht abhaust, schieß ich dich ab", wird der alte Mann zitiert. Er habe dann auf den Flügel der Maschine gehalten, nicht auf den Rumpf. Er habe nicht den Mann gemeint, sondern die feindliche Maschine. Das Flugzeug sei ins Meer gestürzt. Hätte er gewusst, wen es treffen sollte, er hätte nicht geschossen. Denn er kannte "Saint-Ex", habe ihn, wie so viele seiner Kameraden, bewundert.

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