Sie erregen neben Ihrer Stimme durch Schönheit und Anmut Aufsehen - Sie wissen schon, "Hier singt Venus". Schicken Ihnen Designer bereits Kleider nach Hause?
Nicht so. Oder warten Sie, stimmt gar nicht. Escada schickt mir Kleider und schöne Schuhe für die Aufführungen.
Und die müssen Sie hinterher zurückschicken?
Ja, bis auf zwei super Handtaschen, die durfte ich behalten.
Was tragen Sie heute außer Ihrer Handtasche?
Nichts. Etwas Warmes. Irgendwas.
Das war's?
Ach, ganz vergessen, ich habe eine Rolex. Ich habe einen Vertrag mit Rolex.
Und die da an Ihrem Handgelenk, was ist das für eine Uhr?
Das ist einfach nur meine normale Uhr.
Trotzdem komisch, dass Ihnen Designer nichts schicken, so wie sie es bei Chloé Sevigny und all den anderen Stars tun. Sie könnten jetzt die Gelegenheit ergreifen und Ihre Lieblingsdesigner bitten.
Nein, danke. Außerdem bin ich kein großer Star.
Doch.
Kein Filmstar.
Chloé Sevigny dreht auch kaum noch Filme. Sie dagegen machen gerade eine unglaubliche Karriere als Sopranistin und werden, auch wenn Sie es nicht mögen, die "neue Callas" genannt.
Unsinn, ich bin Gott sei Dank nicht so berühmt.
Gott sei Dank? Wann sind Sie heute früh aufgewacht?
Um zehn.
So, wie man sich das vorstellt, in einem Meer von Blumensträußen, Liebesbriefen, Champagner und Pralinés?
Das passiert schon manchmal.
Ist das schön!
Natürlich.
Lesen Sie alle Briefe, die Sie bekommen? Und gibt es die berühmten Waschkörbe voller Post wirklich?
Naja. Viele kann ich nicht verstehen, weil sie auf Deutsch sind, und viele sind so komisch, dass sie keiner verstehen könnte.
Vielleicht, weil die Absender oft verwirrte, unglücklich verliebte Männer sind.
Danke. Ich nehme an, sie sind einfach nur nett gemeint.
Ihr Vater war Geologe, Ihre Mutter Ingenieurin. Ihr Gesangsstudium am Konservatorium in St. Petersburg haben Sie sich durch Putzen verdient. Hier also die obligate Frage zum Märchen von der Putzfrau zur Primadonna: Was singen Sie, wenn Sie tatsächlich mal in die Verlegenheit kommen, zu putzen?
Ich singe nicht, wenn ich putze. Das sind zwei unvereinbare Dinge.
Seit wann sind Opernsängerinnen eigentlich nicht mehr dick?
Seit sie, genau wie alle, auf ihr Gewicht achten und wissen, dass es ungesund ist, zu fett zu sein. Andererseits muss man stark sein, um einen guten Sound zu produzieren auf einer großen Bühne. Deswegen sind viele Opernsängerinnen heute kräftig, nicht fett. Massiv, nicht fett.
Sie sind sogar sehr zierlich. Von wo kommt denn bei Ihnen der Sound? Können Sie da für mich einmal hinzeigen?
Ich bin kein bisschen zierlich. Ich habe ein starkes Kreuz, einen ordentlichen Brustkasten. Der Sound kommt von hier oben, von den beiden Stimmbändern. Die hat jeder. Auch Sie. Sonst könnten Sie nicht sprechen. Dann brauchen Sie auch noch ein Zwerchfell, das ist hier.
Außerdem brauchen Sie einen guten Atem, eine gute Resonanz. Wenn ich singe, fühle ich es am stärksten im Rücken.
Wovor haben Sie mehr Angst: Ihre Stimme oder Ihr Aussehen zu verlieren?
Ich will überhaupt nichts verlieren.
Wie hoch ist denn jeweils die Versicherungssumme?
Dafür verschwende ich keinen Cent. Als Frau will ich natürlich möglichst lange jung und attraktiv aussehen. Geht wohl jeder so. Das Aussehen hilft schon, aber es ist nicht so wichtig wie die Stimme, denn in den großen Opernhäusern sieht man eh nicht ganz bis zur Bühne.
Sie brauchen auch eine schauspielerische Begabung. Kein Opernsänger möchte mehr ein singender Brokatvorhang sein.
Absolut.
Als Opernsängerin sterben Sie viel. Entspannt Sie das, weil Sie sich denken können: Der Tod - den kenn' ich schon?
Es ist nie einfach, über den Tod nachzudenken, vor allem nicht bei Nahestehenden. Was meinen eigenen Tod betrifft, möchte ich nicht gerne mit einem Flugzeug explodieren. Ich würde gerne ohne Qualen sterben.
Wenn Sie Ihre Stimme absichtlich ruinieren wollten, was müssten Sie da tun?
Zu viel singen, nicht ausruhen, andauernd ausgehen, trinken, rauchen.
Von Ihnen heißt es aber nun, Sie führten ein recht wildes Leben. Fangen wir mit dem Rauchen an.
Ich rauche nicht, aber ich habe nichts dagegen. Wenn es mir schmecken würde, würde ich rauchen.
Wenn man Sie in Ihrem Lieblingsclub in New York zu einer vernünftigen Zeit daran erinnert, nach Hause zu gehen...
Dann sage ich: "Fuck you." Aber ich gehe kaum noch aus, leider.
Zur Freude der "New York Times" haben Sie eine Vorstellung von der "Braut des Zaren" ziemlich angeschickert bestritten, weil es Ihr Geburtstag war und man Ihnen hinter der Bühne Wodka angeboten hatte. War das lustig?
Und wie. Das ist aber schon lange her. Vorher trinken geht eigentlich überhaupt nicht.
Man stellt sich als Amateur vor, dass so ein kleiner Schluck den Stimmbändern vielleicht gerade gut tut?
Wenn Sie einmal damit anfangen, hören Sie nie mehr auf. Sie werden immer mehr und mehr und mehr brauchen.
Sie singen in der Regel Arien von Wahnsinnigen, Opfern, Außenseitern. Lucia di Lammermoor liebt den Erzfeind ihres Bruders, Violetta aus "La Traviata" erliegt der Schwindsucht. Sie dagegen haben fast etwas Pragmatisches an sich.
Ja.
Würde es das Publikum merken, wenn Sie echten Liebeskummer hätten?
Bei meiner Erfahrung wahrscheinlich nicht, nein.
Wäre Don Giovanni ein gutes Date?
Für eine Weile schon.
Was ist eigentlich damals nach "Wetten, dass..." mit Robbie Williams hinter der Bühne passiert?
Alles, was zwischen uns passiert ist, bleibt zwischen uns.
Das haben Sie schon ein paar Mal gesagt, oder? Es ist also nichts passiert.
Hhm.
Wieder schließen sich die Wimpern wie der Vorhang nach dem rasenden Applaus ihrer letzten Vorstellung nebenan in der Staatsoper. Dabei würde sie, das merkt man, gerne über Robbie Williams und andere Männer reden. Vor einem Jahr hätte sie es sicher noch gemacht.
Hatten Sie überhaupt schon mal Liebeskummer?
Den hat doch jeder mal, oder?
Haben Sie schon mal einen Mann getroffen, der sich nicht in Sie verliebt hat?
Wie bitte?
Außer Ihrem Vater.
Ja, natürlich. Ganz oft mag ich einen Mann, der mich überhaupt nicht mag.
Das gibt's nicht.