Wie, Dioxin ist keine Trend-Diät? Und schon wieder erschüttert ein Lebensmittelskandal die Gemüter. Lernen Sie mitzureden über: Essen. Was ist das? Das ist ein Lebensmittelskandal. Auch wenn Sie beim Anblick dieses Bildes das Gefühl haben, die Sau mache sich über Sie lustig, ihr sitze der Schalk im Nacken, sie sei heilfroh, durch den aktuellen Lebensmittelskandal garantiert nicht auf Ihrem Teller zu landen, denken Sie noch einmal nach: Auch im Rahmen einer Dioxin-Razzia getötet zu werden, will kein Schwein. Nun ist also im Zuge einer hochaufgeregt geführten "Skandal"-Debatte herausgekommen, dass das Gift Dioxin im erhöhten Maße wohl doch auch irgendwie in deutsche Schweinemägen und vermutlich auch schon über tellergroße Schnitzel in deutsche Kindermägen gelangt ist, was zu der noch aufgeregteren Reaktion führt, dass man anderswo auf der Welt allergisch auf Saumagen reagiert und den Exportweltmeister billigen Fleisches angewidert in die Schranken weist, sprich: Import-Stopp verhängt. Sollen die Chinesen doch Hunde essen, hätte Marie Antoinette angeblich dazu gesagt. Dass der legendäre Satz "Wenn sie kein Brot haben, sollen sie doch Kuchen essen" nicht wirklich von ihr stammt, macht ja nichts. Denn das neue Brot des kleinen Mannes ist ja inzwischen auch das Fleisch. Zurück zum Schwein: Das oben abgebildete glückliche Tier stammt von einem Öko-Bauernhof, ist also vermutlich nicht Teil der Nahrungskette, die für Mensch und Tier so böse ausgehen kann. Genaueres kann man aber nicht wissen. Weshalb wir uns vielleicht doch daran erinnern sollten, wie das noch mal genau war mit unserem Essen. Text und Bildauswahl: Ruth Schneeberger/sueddeutsche.de/bgr
So machen Sie sich lächerlich: Indem Sie sich bei diesem Bild angewidert abwenden. So sieht das nun mal aus, wenn die zuvor noch so glückliche Sau schon im kindlichen Spanferkel-Alter im Ofen landet. Der Mensch gilt als Fleischfresser, der deutsche Mensch im besonderen Maße. Während unsere Vorfahren, als es noch keine Deutschen gab, noch selbst auf die Jagd gehen mussten, wenn sie Fleisch essen wollten, haben wir diese lästige Aufgabe längst delegiert. Und sind dann doch ein bisschen unzufrieden, wenn das nicht ordentlich klappt - oder nicht mehr zu dem Preis, an den wir uns mittlerweise gewöhnt haben. Fakt ist: Wer sich um seine Ernährung nicht kümmert, darf sich nicht wundern. Einfach ist das nicht. Aber wohl nötig.
So schinden Sie Eindruck: Werden Sie Veganer. Nur mal so zum Spaß, für zwischendurch. Sie werden sich wundern, wie schlau Sie werden. Weil Sie sich plötzlich Gedanken über das machen müssen, was Sie essen. Sie haben keine Lust dazu, Ihnen ist der Appettit noch nicht gründlich genug vergangen, Sie kaufen sowieso nur Fleisch von glücklichen Bauern, Sie haben keine Zeit und empfinden fleischlose Gesellen als Spaßbremsen? Vielleicht brauchen Sie noch ein paar Argumente: Obige Schweinehälften illustrieren einen Bericht der deutschen Presseagentur über einen Schweinemäster, dessen Tiere nun alle getötet und entsorgt würden, wie der Sprecher des zuständigen Landwirtschaftsministeriums am Dienstag in Hannover sich beeilte zu betonen. Was er vergaß zu erwähnen: Sie wären sowieso getötet worden. Dazu waren sie ja da. Ihr Verbleib wäre auch ohne den Skandal nicht genauer zu kontrollieren gewesen. Denn die Kontrollen reichen ja nicht aus. Wir essen und exportieren so viel billiges Fleisch, dass kein Mensch mehr genauer hinschauen mag. Es gibt diese und ähnliche Bilder natürlich auch für Rinder, Hühner, Puten - eben für alles, was wir so essen. Die vereinte Veganerwelt jedenfalls reibt sich gerade genüsslich den Bauch - bestätigt in allen Punkten, die sie immer schon aufgeführt hat: Die Lebensmittelkette der bei uns üblich gewordenen Massentierhaltung ist und wird vergiftet - weil sie erschreckende Ausmaße angenommen hat. Weshalb sich im Zuge des aktuellen Skandals namhafte Wissenschaftler zusammengeschlossen haben, um das Ende der Massentierhaltung anzustoßen - und ein Umdenken in der Agrarpolitik einfordern, denn: "Der aktuelle Dioxin-Skandal zeigt, wie teuer uns 'billige' Tierprodukte zu stehen kommen", heißt es in dem Appell, der auf der Homepage der Initiative unterzeichnet werden kann. Und dass es der Fleischverzehr gewesen sei, der unseren Urahnen ein größeres Gehirn verschafft habe, was uns zu den Menschen gemacht habe, die wir heute sind, gilt wissenschaftlich inzwischen auch nicht mehr als gesichert. Selbst die Verwandten des drei Millionen Jahre alten Skelettes Lucy, nach der die im Vergleich blutjungen Beatles ihren Hit Lucy in the Sky with Diamonds benannt haben sollen, könnten vielleicht doch schon Fleisch gegessen haben. Und trotzdem war Lucys Gehirn noch sehr klein. Wir wissen also wieder einmal, dass wir nichts wissen - aber die meisten von uns essen einfach zu viel billig produziertes Fleisch. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran - und schalten Sie Ihr Gehirn ein. Groß genug ist es ja.
Zitieren Sie: Vielleicht Edgar Ellen Poe (1809-1849): "Menschen sind senkrechte Schweine." Nicht umsonst ist der US-Schriftsteller als poetischster aller Horror-Autoren in die Geschichte eingegangen. Damals konnte er aber nicht ahnen, welch horrend systematische Ausmaße das Mensch-Schwein-Sein noch annehmen würde. Und dann natürlich Landwirtschafts-, Ernährungs- UND Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner, die gerade ihren Aktionsplan in Sachen Dioxin-Skandal vorgestellt hat. "Entscheidend ist, dass belastete Lebensmittel nicht in den Handel gelangen." (11.1.2011) In diesem Sinne: Bis nächsten Donnerstag!