Angeben für Anfänger:Menschen, Tiere, Sensationen

Große Skandale, große Schlagzeilen: Zuletzt gab es wieder viel zu berichten für die bunten Blätter. Lernen Sie mitzureden über: Sensationsjournalismus.

Katharina Riehl

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(Foto: APN)

Große Skandale, große Buchstaben: In den vergangenen Wochen gab es wieder viel zu berichten für die bunten Blätter. Lernen Sie mitzureden über: Sensationsjournalismus. Was ist das? Der Sensationsjournalismus ist eine Unterform des Boulevardjournalismus, obwohl die Grenzen zwischen beiden Begriffen fließend sind. Der Begriff der Boulevardzeitung bezeichnet per definitionem den Verkaufsort des betreffenden Mediums: den Boulevard, die Straße. Der Begriff des Sensationsjournalismus bezeichnet das, was in den Straßenblättern dann zu lesen ist: Sensationen, Sensationen, Sensationen - meist, damit der Leser auch gleich versteht, taucht die Story in großen bunten Buchstaben mit vielen bunten Bildern auf.  Zu unterscheiden sind zwei Arten von Sensationen: die, bei denen ganz offensichtlich schreckliche Dinge geschehen (zum Beispiel 21 tote Menschen bei der Loveparade). Und dann jene Sensationen, von denen das Objekt der Berichterstattung nicht so gerne freiwillig erzählt. Da muss der Sensationsjournalismus auch mal zu anderen Methoden greifen.  Eine echte Sensation war in den vergangenen Wochen, dass der Wettermoderator Jörg Kachelmann in Untersuchungshaft in Mannheim im Hof spazieren ging, was die Bild-Zeitung dementsprechend dokumentieren wollte. Jetzt hat das Landgericht Köln dem Axel Springer Verlag und der Bild Digital GmbH die Verbreitung von Paparazzi-Fotos verboten: Ein Fotograf habe sich laut Kachelmanns Anwalt Ralf Hoecker Zugang zu einem Haus in der Nachbarschaft der JVA verschafft und von dort aus Bilder über die Gefängnismauer hinweg gemacht. Kachelmann (hier bei seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft an der Seite seines Anwalts) hat dafür übrigens die sensationelle Summe von 2,25 Millionen Euro Schadenersatz verlangt. Text und Bildauswahl: Katharina Riehl/sueddeutsche.de/lala

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(Foto: ddp)

So machen Sie sich lächerlich: In einem Gespräch fallen Sie dann negativ auf, wenn Sie nicht in der Lage sind, eine Sensation zu erkennen - auch nicht, wenn Sie direkt vor ihrer Nase steht. Wenn also Lena Meyer-Landrut - ein paar Wochen, bevor sie tatsächlich in Oslo ein Star wurde - von Sensationsjournalisten als Nacktbaderin in einer RTL-Sendung enttarnt wird, dann ist das natürlich eine Sensation. Oder wenn Lenas Vater in einem bunten Blatt erzählt, dass er seine Tochter gar nicht so gut kenne - auch eine Sensation. Wenn eben herauskommt, dass man nur lange genug graben muss, um auch im Leben dieses quietschvergnügten Medienlieblings ein paar Unregelmäßigkeiten zu finden. Besonders sensationell sind Dinge natürlich dann, wenn ein neuer Star nicht so recht für Skandale herhalten mag, und zudem den Medien nicht sein Herz und sein Sexualleben ausschüttet sowie auch sonst einen ziemlich normalen Eindruck macht. Davon bloß nicht täuschen lassen.

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(Foto: WDR)

So schinden Sie Eindruck: Schaffen Sie sich Ihre eigene Sensation. Wer nicht genau weiß, wie das geht, der kann sich an diesen beiden Herren orientieren. 1. Baby Schimmerlos Der Klatschreporter aus Helmut Dietls Serie Kir Royal muss täglich die Tratsch-Seite einer Münchner Boulevardzeitung füllen, ganz unabhängig davon, ob auch wirklich etwas passiert ist. Zwar spielt die Serie in einer Zeit, als es im Münchner Nachtleben noch viele Sensationen zu erleben und demnach auch zu berichten gab. Trotzdem muss der Baby, die dem realen Münchner Journalisten Michael Graeter nachempfundene Hauptfigur, öfter mal nachhelfen. Hierfür steigt Baby (Franz Xaver Kroetz) entweder nachts in Krankenhäuser ein und klettert in Begleitung seines Fotografen auf dem Bett eines Todeskandidaten herum. Oder - wenn er nicht einmal so einen findet - betrinkt er sich auf seiner eigenen spontan veranstalteten Feier, über die er dann am nächsten Mittag berichten kann. 2. Rudi Carrell Auf den niederländischen Entertainer soll ein Satz zurückgehen, in dem er die Bedingungen für eine echte Zeitungssensation zusammengefasst hat: a) ein Tier; b) ein(e) Prominente(r); c) eine schreckliche Krankheit; d) eine wundersame Heilung Das Ergebnis lautete: Deutscher Schäferhund schleckt Inge Meysel Brustkrebs weg. Die perfekte Schlagzeile. 

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(Foto: ddp)

Zitieren Sie ... ... einen Mann, aus einer etwas anderen publizistischen Ecke. Zitieren Sie Michael Naumann, erster Kulturstaatsminister der Bundesrepublik Deutschland und seit Anfang des Jahres Chefredakteur des wenig sensationslüsternen Monatsmagazins Cicero.  "Die Rechtskosten im Budget der Bild-Zeitung sind sicherlich höher als der gesamte Etat einer normalen Tageszeitung", sagte er in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel, Nr. 11/2007, S. 44. In der nächsten Woche halten wir wieder ein sensationelles Gesprächsthema für Sie bereit. Bis nächsten Donnerstag!

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