Süddeutsche Zeitung

Angeben für Anfänger:Generation Blond

Sie wundern sich, dass alle paar Jahre eine neue Generation X, Y oder Z ausgerufen wird, und Sie sind nie dabei? Lernen Sie mitzureden über: Generationswechsel.

Ruth Schneeberger

Sie wundern sich, dass alle paar Jahre eine neue Generation X, Y oder Z ausgerufen wird, und Sie sind nie dabei? Lernen Sie mitzureden über: Generationswechsel.In dieser Kinowoche haben wir gelernt: Die sehr blondgelockte Amanda Seyfried steht für eine neue Generation von Schauspielerinnen, mit ihr erfindet sich Hollywood gerade neu. Was sagt uns das? Dass wir mal wieder der berühmten Generationen-Schmiede aufgesessen sind, deren Werkstatt wir uns unbedingt mal näher ansehen müssen:Foto: Amanda Seyfried in "Mamma Mia"/CinetextText und Bildauswahl: Ruth Schneeberger/sueddeutsche.de/kar

Was ist das? Die Generationen-Schmiede ist ein geheimer Bund unverrückbarer Journalisten, Medienmacher und Trendforscher, die in zunehmend kürzer werdenden Abständen vermeintlich allgemeingültige Aussagen über ganze Generationen von Menschen treffen, die am besten weltumspannend, zumindest aber kulturkreisumspannend, mehr oder weniger zutreffend sein sollen.Am Anfang schaffte das noch ein einzelner Buchautor, der mit dem Titel Generation X - Geschichten für eine immer schneller werdende Kultur erstmals eine anscheinend zusammenhanglose und nur durch ihren Geburtszeitraum (1960er bis 1970er Jahre) verbundene Masse in einen gemeinsamen Topf warf, tüchtig umrührte, und damit höchstpersönlich die "Generation X" gebar: Eine Gruppe junger Leute mit zu viel Fernsehen und zu wenig Arbeit. Später war es dem Kanadier Douglas Coupland selbst peinlich, dass ausgerechnet diese Generation, die sich der Benennungswut von Werbeindustrie und journalistischem Gewerbe bis dahin erfolgreich entzogen hatte, nun einen derart fetten Stempel aufgedrückt bekam.Doch es half nichts: Seitdem haben wir die Generation Golf (Mittelmaß-Fanatiker), die Generation Doof (ungebildet und stolz darauf), die Generation Praktikum (prekär unterbezahlte Akademiker) und zuletzt die Generationen "Daumen" (SMS-Tipper) und "Porno" (netzübersättigte Eromanen) erfolgreich geboren und etikettiert.Foto: "Generation X"/oH

So machen Sie sich lächerlich: Wenn Sie über Generationen sprechen, gehen Sie den Trendfindern bloß nicht auf den Leim: Achten Sie darauf, sich selbst möglichst keiner dieser Altersgruppierungen zuzuordnen - und vor allem nicht der falschen. Geben Sie sich am besten niemals als ein Angehöriger der Generation Doof zu erkennen. Dass Sie den Bundestag für einen Feiertag halten und Ihr Berufswunsch Superstar ist, sollten Ihre engsten Freunde natürlich wissen - nicht aber Ihr Arbeitgeber, Ihre Eltern und Ihr Bankberater.Foto: Buchcover "Generation Doof"/oH

So schinden Sie Eindruck: Ihren Gesprächspartner beeindrucken können Sie, indem Sie Ihr eigenes Gespür für Trends und sonstige Zeitphänomene unter Beweis stellen: Gründen Sie einfach Ihre eigene Generation. Die Begriffe "Generation Ich-weiß-nicht-recht", "Generation Vor-mir-die-Sintflut" oder einfach "Generation Neu" wären noch frei.Foto: Generation Praktikum/oH

Zitieren Sie: "Früher glaubte jede neue Generation, mit ihr fange die Welt an. Heute glaubt die neue Generation, mit ihr gehe sie zu Ende." (Johannes Gross, 1932 - 1999, deutscher Journalist und Publizist, unter anderem Chefredakteur Deutsche Welle und Herausgeber Capital)Und nächste Woche lernen Sie, über Ihre Generation hinauszuwachsen. Bis Donnerstag!Foto: Edmund Stoiber, offenbar gleich doppelter Anhänger der "Generation Daumen"/ap

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