Angeben für Anfänger:Ballett ist, wenn man trotzdem lacht

Primaballerina Natalie Portman gilt mit ihrem Grusel-Tanzfilm als heiße Oscar-Anwärterin und die Deutsche Presse-Agentur ruft einen Boom aus. Lernen Sie mitzureden über: Ballett.

Ruth Schneeberger

4 Bilder

'Giselle'' im Nationalpark - Pure Kunst trifft auf Natur pur

Quelle: ddp

1 / 4

Primaballerina Natalie Portman gilt mit ihrem Grusel-Tanzfilm als heiße Oscar-Anwärterin und die Deutsche Presse-Agentur ruft einen Boom aus. Lernen Sie mitzureden über: Ballett.

Was ist das?

Das sind sechs Grazien des Bayerischen Staatsballetts, posierend in Ramsau-Hintersee. "Pure Kunst trifft auf Natur pur" lautete das Motto des Events "Giselle im Nationalpark", für das der damalige Umweltstaatssekretär Otmar Bernhard (CSU) 2007 das Staatsballett zum "Botschafter für Wildnis" erklärte - und damit für die "Schönheit und den Erhalt naturbelassener Landschaftsräume" werben wollte. Der Mann hat, wie am Mittwoch bekannt wurde, inzwischen auch sein Amt als CSU-Bezirksvorsitzender in München abgegeben - das kann aber an dieser Aktion nicht gelegen haben. Werben kann man mit allem für alles. Und es war in der Werbung schon des Öfteren hilfreich, wenn das werbende Objekt von grazilen Damen umrankt wird, die wenig tragen, sich aber sichtbar anstrengen.

Nun haben die vier Giselle-Aufführungen vor vier Jahren im Hirschbichltal für keine größere Welle gesorgt. Wohl aber tut das der aktuelle Kinofilm Black Swan, in dem Natalie Portman nicht nur die Hauptrolle der Primaballerina spielt, sondern auch schon einen Golden Globe ergattert hat und als heiße Anwärterin auf den Oscar gilt.

Woran das nun liegt - abgesehen davon, dass Primaballerina Portman die perfekte Besetzung für die Rolle ist, da sie eine Ballerina-Karriere anstrebte, bevor sie Schauspielerin wurde? Womöglich daran, dass Black Swan der erste Film ist, in dem mit größtmöglicher Intensität und großartigen Effekten darauf hingewiesen wird, dass Ballett eben nicht nur schön ist. Auch nicht im Hirschbichltal.

In einem Punkt aber stimmte die bayerische Berg-Werbung bravourös mit der Wirklichkeit überein: Ballett ist strenge, pure Tanzkunst. Und somit kein Spaß. Jedenfalls nicht für den Ausführenden, nicht zum Zeitpunkt der Ausführungen. Weshalb die größte Anstrengung einer Primaballerina auf der Bühne das Lächeln ist.

Wir lernen also: Ballett ist, wenn man trotzdem lacht.

Text und Bildauswahl: Ruth Schneeberger/sueddeutsche.de

SOLMS WESTERWELLE GERHARDT

Quelle: AP

2 / 4

So machen Sie sich lächerlich: 

Indem Sie alles, was auf zwei Beinen tanzt, als Ballett bezeichnen. Wie hier 1998 der damalige FDP-Fraktionsvorsitzende Hermann Otto Solms, der damalige Generalsekretär Guido Westerwelle und der damalige Parteivorsitzende Wolfgang Gerhardt (v.l.n.r.), die sich über einen Gastauftritt der "Ballett-Stars" des Circus Roncalli im FDP-Flügel des Bundestages freuten, damals noch in Bonn.

Wer mit DJ Ötzi beim Musikantenstadl auf der Bühne steht, hat genauso viel mit Ballett zu tun wie das französische Cabaret (eine Gattung des französischen Musiktheaters, Stichwort: Moulin Rouge) mit dem deutschen Begriff des politischen Kabaretts.

Halten Sie folgenden Kurzvortrag über die Geschichte des klassischen Balletts an geeigneter Stelle - bestimmt lächelt jemand:

Das klassische Ballett entwickelte sich aus den höfischen Tänzen an italienischen und französischen Fürstenhöfen im 15. und 16. Jahrhundert und blieb zunächst Männern vorbehalten, wurde von Sonnenkönig Ludwig im 17. Jahrhundert mit einer Pariser Tanzschule professionalisiert, zu der später auch Frauen zugelassen wurden, entwickelte sich im 18. Jahrhundert zum Bühnendrama und erlebte im 19. Jahrhundert in Russland seine Hochzeit, wo klassische Stücke wie Schwanensee und der Nussknacker entstanden. Während sich seitdem das Ballett in der westlichen Welt von der Klassik und Strenge zu einer modernen Form des Tanztheaters entwickelte, blieb das klassische Ballett bis heute vor allem in osteuropäischen Saaten erhalten. Seit Mitte der 1950er Jahre ist das klassische Repertoireballett der russischen Tradition auch auf westeuropäischen Bühnen heimisch geworden und bildet den Gegenpol zum modernen Tanztheater.

Verlobter von Natalie Portman arbeitet mit Dortmunder Ballett

Quelle: dpa

3 / 4

So schinden Sie Eindruck:

Tanzen Sie Ballett. Hat jedenfalls bei Natalie Portman schweren Eindruck gemacht, was der 33-jährige Franzose Benjamin Millepied in seiner Rolle als Balletttänzer und Choreograph im Film Black Swan hinter den Kulissen auf die Beine gestellt hat. Die beiden sind inzwischen verlobt und werden der Welt bald ein Ballett-Baby präsentieren. Achten Sie aber darauf, dass Ihnen keine Schwanenfedern aus der Haut wachsen, wie Portmans Figur Nina in Black Swan - für so viel Perfektion ist die Welt noch nicht bereit. Nur ausnahmsweise, 107 Minuten lang, in einem Gruselfilm.

Fotoprobe - 'Endstation Sehnsucht'

Quelle: dpa

4 / 4

Zitieren Sie: 

Am besten die deutsche Tänzerin, Choreographin, Tanzpädagogin und Ballettdirektorin Pina Bausch (1940 -2009), die mit dem Wuppertaler Tanztheater zur bedeutendsten internationalen Choreographin avancierte:

"Mich interessiert nicht so sehr, wie sich Menschen bewegen, als was sie bewegt."

Gerne auch auf Parties anzubringen ein weiteres Zitat von Pina Bausch:

"Tanz, tanzt, sonst sind wir verloren!"

Unter diesem Titel widmet Wim Wenders ihr gerade einen Abschiedsfilm, der auf der Berlinale gezeigt wird und im Februar in die Kinos kommt.

Nun aber erst mal viel Horror-Spaß mit dem Film Black Swan, der an diesem Donnerstag in den deutschen Kinos anläuft - und bis nächsten Donnerstag!

© sueddeutsche.de/mel
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: