"Acht Namen für die Liebe" im KinoExorzismus mittels Gelächter

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Frauen finden ihn einfach umwerfend: Rafa (Dani Rovira) kommt aus dem sonnigen Sevilla, sein Urahn hieß Don Juan.
Frauen finden ihn einfach umwerfend: Rafa (Dani Rovira) kommt aus dem sonnigen Sevilla, sein Urahn hieß Don Juan. (Foto: Pedro Martinez de Albornoz/Verleih)

Kann ein Film Dämonen bannen? Emilio Martínez-Lázaros "8 Namen für die Liebe" ist eine turbulente romantische Komödie mit dem Basken-Konflikt als Hintergrund - und in Spanien ein Superhit.

Von Rainer Gansera

Genau so hat sich Rafa (Dani Rovira), der smarte junge Mann aus dem sonnigen Sevilla, das Baskenland vorgestellt: als eine düstere, verregnete, unwirtliche Gegend mit mürrischen, groben Menschen. Ja, es kommt sogar noch schlimmer. Rafa sitzt im Überlandbus, und gerade in dem Moment, in dem der Bus die Grenze zum Baskenland überfährt, zieht schnurstracks ein mächtiges Unwetter auf.

Das muss die Einfahrt zur Hölle sein! Regisseur Emilio Martínez-Lázaro lässt es spektakulär donnern und blitzen, und die tolle Übertreibungslust, mit der er das Baskenland bereits klimatisch als finstere Unterwelt ausmalt, zeigt, wohin diese Komödienreise führt: in einen karnevalesken Wirbel, der alle Vorurteile und Ressentiments derart aufbauscht, dass sie in einem Feuerwerk der Pointen zerplatzen.

Der notorische Weiberheld Rafa - sein sevillanischer Urahn heißt Don Juan - sieht seine Reise als Rettungsmission. Rettung und Erlösung. Er will die wunderschöne Amaia (bezaubernd: Clara Lago), die er in Sevilla kennengelernt und seinen Freunden als neueste Eroberung ausgegeben hat, aus ihrem baskischen Heimatdorf, also aus der Finsternis, zurückholen in die Sonne.

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"Übermorgen sind wir in Sevilla beim Flamencotanzen, und Amaia wird Olé rufen!" So malt er sich das aus. Nicht in seinen schlimmsten Albträumen kann er vorhersehen, was ihm widerfahren wird: Er muss, um die spröde Schöne zu gewinnen und vor deren Vater zu bestehen, einen waschechten Basken mit acht Nachnamen mimen, der sich zudem noch im Straßenkampf als Agitator für baskische Autonomie hervortut.

Sogar der autonomistische Straßenkampf wird zum Gag-Generator gemacht

Der andalusisch-baskische Culture Clash, um den es in "Ocho apellidos vascos" (Acht baskische Nachnamen, so lautet der Originaltitel) geht, hat viele folkloristische Ingredienzen, von den baskischen Speisen, die Andalusier ungenießbar finden, bis zu den Begrüßungsritualen: Sevillaner umarmen einander freundlich, Basken klopfen sich grob auf die Schultern. Aber es gibt da auch noch politisch Brisantes, das über Folklore weit hinausgeht.

Kennen wir vergleichbare Gegnerschaften? In Münchner Folkloreläden finden sich Postkarten und Poster mit der Parole: "Vuizvuipreissndo" (Hier haben sich viel zu viele Preußen eingeschlichen). Der historische Hintergrund politischer Konflikte und Feindschaft zwischen Bayern und Preußen liegt weit zurück. Aus realpolitischen Feindseligkeiten wurden im Lauf der Zeit regional-kulturelle Animositäten, aus Tragischem Stoff für Komödien.

Der Baskenkonflikt aber ist politisch noch virulent. Erst 2011 erklärte die baskische Terrororganisation ETA ihren Gewaltverzicht. In seiner aufwühlenden Dokumentation "La Pelota Vasca - la piel contra la piedra" zeigte der im baskischen San Sebastian geborene Filmemacher Julio Medem, wie tief die Wunden, die der Konflikt hinterlassen hat, noch sind.

Umso erstaunlicher nun die Verwegenheit, mit der Martínez-Lázaro auch noch den autonomistischen Straßenkampf zum komödiantischen Gag-Generator macht. Motto. "Die Basken wollen die Unabhängigkeit, aber sie lieben die Spanier!"

Kinotrailer, Acht Namen für die Liebe (Video: Alamode)

Als romantische Komödie bringt "8 Namen für die Liebe" die Formeln des Genres übermütig aufgebrezelt ins Spiel. Die Attraktion der Liebe, die alle soziokulturell definierte Gegnerschaft überwindet und sich dabei in eine wild wuchernde Story aus Intrige und Maskerade verwickelt.

An Kathedralen gibt es Figuren zur Abwehr von Dämonen. Kann eine Komödie apotropäisch, wie Ethnologen das nennen, also dämonenbannend funktionieren? Ja, sie kann, wenn sie das Problematische derart direkt und frech bei den Hörnern packt, und das Lachen die Dämonie der Feindseligkeiten vertreibt.

Exorzismus mittels Gelächter. Mit annähernd elf Millionen Zuschauern war "8 Namen für die Liebe" in Spanien der Superhit der letzten Saison.

Ocho apellidos vascos, Spanien 2014 - Regie: Emilio Martínez-Lázaro. Buch: Borja Cobeaga, Diego San Rosé. Kamera: Kalo Berridi. Musik: Fernando Velázquez. Mit: Clara Lago, Dani Rovira, Carmen Machi, Karra Elejalde, Alberto López, Inaki Beraetxe. Alamode, 98 Minuten.

© SZ vom 15.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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