Das ungleiche Abenteuerpaar Freude und Kummer ist natürlich auch eine Anspielung auf das ehemals ebenfalls recht ungleiche Kreativpaar Pixar/Disney, das seit einigen Jahren zusammengehört, nachdem die mächtige Disney-Company die Tricktüftler-Überflieger eingekauft hat.
Freude ist eine dauerlächelnde Inkarnation der alten Trickfilmtraditionen des Pixar-Mutterstudios, wo Schicksalsschläge zwar nicht ausgespart, letztlich aber doch stoisch hinweggelächelt wurden. Hier macht diese Freude einen Wandel vom Fröhlichkeitsimperativ der frühen Trickära zu einem wesentlich realistischer temperierten Gemüt durch.
"Alles steht kopf" predigt vehement die dringende Notwendigkeit von Melancholie und anderen Anti-Happy-Zuständen fürs menschliche Dasein, was in der amerikanischen Unterhaltungsindustrie immer noch nicht ganz selbstverständlich ist. Und Melancholie können Freude und Kummer natürlich nur produzieren, indem sie sich nicht mehr als Feinde, sondern als Verbündete begreifen. Die Kopfreise, auf der sie das lernen, gestaltet sich ein wenig wie Alices Trip durch den Hasenbau ins Wunderland - irre Welten tun sich auf.
Welche Freigeist-Beschleuniger auch immer in der Pixar-Kantine beim Lunch an die Mannschaft verteilt werden - sie tun ihr Werk bestens. Auch wenn dies kein Film ist, den man ernsthaft mit Spoilern verderben könnte, darf man trotzdem nicht zu viel über diese Reise verraten, weil der aufregende Grundgedanke ja darin besteht, ein fremdes Gehirn unvoreingenommen zu erkunden. Schritt für Schritt offenbaren sich in diesem Kosmos das Schöne genauso wie die dunkelsten Untiefen der Erinnerung.
Inside Out, USA 2015 - Regie: Pete Docter, Ronaldo Del Carmen. Buch: Meg LeFauve, Josh Cooley, Pete Docter. Schnitt: Kevin Nolting. Art Direction: Bert Berry. Disney, 94 Minuten.