In Sachen Partnersuche setzt der moderne Mensch gerne auf Wisch-und-Weg-Portale, er swipet, favet oder matcht. Manchmal blockt, bencht oder ghostet er auch, mancherorts sogar parallel. Das ist effektiver und geht schneller, das ist nur eine Sache, die das Online-Dating erleichtert. Länger anhaltende Beziehungen oder gar Ehen zu stiften, gehört nicht unbedingt dazu.
Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von YouTube angereichert
Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von YouTube angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie unter sz.de/datenschutz.
Die sich nach Zweisamkeit sehnende Londonerin Laura (Imogen Poots) weiß das. Sie hat zwar mit dem Journalisten Simon (Brett Goldstein) einen BFF, einen besten Freund für immer also. Die beiden kennen sich aus ihrer Uni-Zeit – und damit lange genug, um die nicht nur unter Studierenden viel diskutierte Frage zu beantworten, ob heterosexuelle Männer und Frauen einfach so befreundet sein können. Ohne amouröse Hintergedanken also. Können sie, findet Laura, die mit Simon alles teilt – außer ihr Bett.
Können sie nicht wirklich, findet er. Das traut er sich ihr aber nicht zu sagen: Simon ist schon lange verliebt in seine beste Freundin, ein Liebes-Outing erscheint ihm aber freundschaftsgefährdend. Also leidet er im Stillen und begleitet sie sogar zu einem neuartigen Liebes-Test: Da muss man nicht mehr swipen, matchen oder blocken, da sucht ein Algorithmus aus einem Datenmeer den perfekten Seelenverwandten für Laura heraus. Einen Mann also, den sie heiraten kann, mit dem sie Kinder haben und bis in alle Ewigkeit glücklich sein wird. Und tatsächlich wird ein Kandidat gefunden, der zuverlässig ist und nett, der gut aussieht, sich artikulieren kann und ähnliche Vorstellungen vom Leben hat wie sie. Nur ist dieser Mann etwas langweilig. Langweiliger zumindest als ihr BFF Simon.
Hauptdarsteller Brett Goldstein wurde als Krawallo-Kicker Roy Kent in der Fußballserie „Ted Lasso“ bekannt
Damit wären wir mittendrin im britisch-amerikanischen Liebesdrama „All of You“, das von heimlichen Leidenschaften und verpassten Chancen erzählt, vom Reiz des Verbotenen und von wahrer Liebe – oder dem, was wir darunter verstehen. Denn spätestens eine Geburt, eine Hochzeit und einen Todesfall später realisiert auch Laura, dass es zwischen ihr und Simon nicht nur kribbelt, sondern lichterloh brennt. „Endlich“, möchte man da als Zuschauer fast sagen: Es ist fast unerträglich, mit anzuschauen, wie sehr diese beiden Menschen füreinander bestimmt sind und wie konsequent sie diese Erkenntnis unterdrücken.
Das liegt vor allem am perfekt gecasteten Hauptdarstellerpaar Imogen Poots und Brett Goldstein. Mit den beiden steht und fällt dieser ruhig erzählte Liebesfilm; man sieht ihnen gerne dabei zu, wie sie lieben und leiden, wie sie keinen Ausweg aus ihrer misslichen Lage finden. Die sprichwörtliche Chemie stimmt, was auch daran liegt, dass sich keiner von ihnen in den Vordergrund drängt. Zusammen sind sie dafür umso stärker. Hinzu kommt, dass beide bekannt sind; aber nicht so sehr, dass ihr Star-Image auf die Rollen abfärben würde.
Brett Goldstein spielt nicht nur, sondern ist auch Drehbuchautor: Bekannt wurde er als Krawallo-Kicker Roy Kent im Apple-TV-Serienhit „Ted Lasso“, für den er ebenfalls an den Büchern mitschrieb. Die futuristische Dating-Serie „Soulmates“ entwickelte er gemeinsam mit dem Regisseur William Bridges – der mit „All of You“ sein Spielfilmdebüt gibt. Der Film wirkt ein bisschen wie eine Fortsetzung der Serie und deren Mantra: „Du verdienst es, geliebt zu werden.“ Zumindest ist es anfangs so, wenn einem die systematische Suche nach dem Seelenverwandten wie Science-Fiction vorkommt. Doch diese Liebe ist keine Zukunftsmusik, sie findet im Hier und Jetzt statt. Oder wie Simon einmal sagt: „Ich weiß nicht, wie ich jemanden anderen lieben soll.“
All of You, GB/USA 2024 – Regie: William Bridges. Buch: William Bridges und Brett Goldstein. Kamera: Benoit Soler. Mit: Imogen Poots, Brett Goldstein. 98 Minuten. Streamingstart bei Apple TV+: 26. September 2025.

