Alice Schwarzer ist 70:"Größer als der Feminismus"

"Wer sonst würde fragen, warum so selten Männer zerstückelt werden?": An Alice Schwarzer kommt im deutschen Geschlechterdiskurs niemand vorbei. Dabei wurde sie mal als "eine der enervierendsten Frauen der Gegenwart" verschrien, mal "sinnlich und lebensfroh" genannt. Nun wird die Feministin 70 Jahre alt.

Was sich Schwarzer seit den Siebzigern über sich selbst anhören musste.

1 / 10

Alice Schwarzer

Quelle: Henning Kaiser/dpa

"Wer sonst würde fragen, warum so selten Männer zerstückelt werden?": An Alice Schwarzer kommt im deutschen Geschlechterdiskurs niemand vorbei. Dabei wurde sie mal als weiblicher Macho verschrien, mal "sinnlich und lebensfroh" genannt. Nun wird die Feministin 70 Jahre alt. Zitate über Schwarzer von den Siebzigern bis heute.

"Für mich ist die Schwarzer ein gewaltiger Anstoß, der im Nachkriegsdeutschland am wenigsten zu überhörende und wirksamste, um bestimmte Dinge für Frauen durchzusetzen. Das ist eine feministische Posaune, die lauter war als die anderen und die man sich daher gemerkt hat. Mit der Frauenbewegung hat sie insofern nichts zu tun, als es die im Sinne von Bewegung nicht gab."

(ihr autorisierter Biograf Gert v. Paczensky in der Zeit vom 2. April 1998)

"Eine der enervierendsten Frauen der Gegenwart", "Sie hat wirklich keine Ahnung. Sie spinnt."

(Journalist Kay Sokolowsky in seinem Buch "Who the fuck is Alice" 2000)

"Wie immer schließt Schwarzer alle aus, die sich arrangieren. Doch ist ihre unzeitgemäße Erinnerung an eine Struktur, die das postmoderne Spiel mit den Rollen unterläuft, notwendig. Wer sonst würde fragen, warum bei Gewaltpornos eigentlich so selten Männer zerstückelt werden?"

(Heide Oestreich am 24. Oktober 2000 in der taz über Schwarzers "Der große Unterschied")

Im Bild: Alice Schwarzer am 31. Januar 2012 bei einer Pressekonferenz in Düsseldorf

Zitat- und Bildauswahl: Irene Helmes

2 / 10

Alice Schwarzer ist 70:In den wilden Siebzigern

Alice Schwarzer

Quelle: dpa

"Ein Mann sagte gegen halb elf, was viele dachten. 'A Mo is a Mo und koa Frau need', grantelte er als seine Erwiderung auf Alice Schwarzer. Doch was dieser typische Mann zu später Stunde ohne Mikrophon in die bier- und dunstgeschwängerte Atmosphäre des Münchner Schwabingerbräu hineinrief, blieb ohne Echo. [...] Nach zwei Stunden gingen die ersten, der Rest blieb ratlos zurück. Zu unterschiedlich war der Informationsstand der Zuhörer (Was ist ein 'klitoraler Orgasmus?'), zu gegensätzlich die Interessen, zu gewaltig der allgegenwärtige Haß auf Männer."

(unter der Schlagzeile "Verbissen predigte sie den Männerhaß" in einer Reportage der AZ vom 9. Oktober 1975 zu der Veranstaltung "Wer hat Angst vor Alice Schwarzer?")

"Um es in ihrem eigentümlichen Jargon auszudrücken: Hier hat eine 'frustrierte Tucke' andere frustrierte Tucken schamlos exploriert, um einen Bestseller zu schreiben."

(in der Süddeutschen Zeitung vom 13. November 1975 zu Schwarzers Buch "Der Kleine Unterschied")

"Bundesdeutsche Oberemanze"

(im Spiegel vom 21. März 1977)

"Hexe mit stechendem Blick" (Bild-Zeitung)

"Nachteule mit dem Sex einer Straßenlaterne" (Münchner Abendzeitung)

Im Bild: Alice Schwarzer am 3. Dezember 1975 in Bonn

3 / 10

Alice Schwarzer ist 70:Meistbeschimpfter, schlimmer Macho

ALICE SCHWARZER IM GERICHT

Quelle: DPA

"Wir sind die beiden meistbeschimpften Frauen Deutschlands."

(Schauspielerin Romy Schneider 1976 zu Schwarzer in der ersten Ausgabe der Zeitschrift Emma)

"Sie ist in vielem so, wie man sich einen schlimmen Macho vorstellt. In einer Zeit, wo die Militarisierung des Denkens zunimmt, finde ich es grotesk, wenn eine Alice Schwarzer Frauen dazu aufruft, in den Krieg zu ziehen."

(Psychoanalytiker Horst-Eberhard Richter zitiert in der taz vom 8. März 1996)

Im Bild: Alice Schwarzer mit ihrem 1998 erschienen Buch "Romy Schneider - Mythos und Leben"

4 / 10

Alice Schwarzer ist 70:Medienstar Schwarzer

Aufzeichnung der ZDF-Sendung 'Menschen 2010'

Quelle: dpa

"Ich glaube, sie hat viele Punkte für sich gesammelt. Und wir haben alle über sie gestaunt, sie war bei dem Empfang nach der Sendung so fraulich, wie eine Frau nur sein kann."

(TV-Moderator Joachim "Blacky" Fuchsberger nach Schwarzers Auftritt in seiner Live-Sendung Auf los geht's los, zitiert in der Abendzeitung vom 2. Juni 1980)

"Wir wollen unter keinen Umständen einen Skandal [...] dann brechen wir notfalls ab und bringen Höhepunkte vergangener Shows."

(RTL-Plus-Sprecher Winfried-Georg Gahlen zum bevorstehenden Live-Auftritt von Schwarzer in der Show Alles Nichts Oder!?, zitiert in der Abendzeitung vom 23. Juni 1990)

"Ihre politische Rolle begann Anfang der siebziger Jahre. Spätestens ab Mitte der achtziger Jahre wurde sie zunehmend zu einem Medienstar, der sich nicht mehr so großartig von vielen anderen Stars unterscheidet, nur daß sie lebhafter, schriller und faszinierender ist."

(ihre unautorisierte Biografin Bascha Mika in der Zeit am 2. April 1998)

Im Bild: Komiker Michael Mittermeier (links), Alice Schwarzer und TV-Moderator Thomas Gottschalk bei der Sendung "Menschen 2010" in München

5 / 10

Alice Schwarzer ist 70:Die "Emma", ihr Baby

Alice Schwarzer - 25 Jahre Emma

Quelle: DPA/DPAWEB

"Dir sind alle Gründe, nicht mehr für Emma zu arbeiten, immer läppisch, in Anbetracht der gewichtigen Sache absurd erschienen. Für Dich war ein Rückzug von Emma immer Verrat an Dir und der 'Sache', die Du als 'Star' im übrigen für identisch hältst. Deswegen wird es Dir so leicht, Frauen, mit denen Du lange gearbeitet hast, mit denen Du zum Teil über Jahre befreundet warst, so einfach zu diffamieren - unter Mißachtung der Fakten dazu. Du hast es vorgezogen, zu vergessen und zu verleugnen, was das Projekt Emma der Arbeit und dem Einsatz dieser Frauen verdankt. Darüber sind wir traurig und empört, dagegen wehren wir uns!"

(Offener Brief an Schwarzer von 32 ehemaligen Emma-Mitarbeiterinnen, publiziert in der Frankfurter Rundschau vom 27. März 1980)

Im Bild: Alice Schwarzer am 16. Januar 2002 in der Kölner Redaktion der Zeitschrift Emma

6 / 10

Alice Schwarzer ist 70:Verona Pooth über Schwarzer

VERONA FELDBUSCH TRIFFT ALICE SCHWARZER

Quelle: DPA/DPAWEB

"Sie verstecken sich hinter Ihrem schwarzen Vorhang." (auf Schwarzers Kleidung bezogen)

"Dieter ist ein Vorzeige-Macho, Sie sind eine Vorzeige-Emanze - ich nehm' auch gerne die Barbie-Karte."

(Verona Pooth, damals Feldbusch, am 28. Juni 2001 zu Schwarzer in der Johannes B. Kerner Show)

Im Bild: Verona Feldbusch, heute Pooth, und Alice Schwarzer, jeweils im Jahr 2001

7 / 10

Alice Schwarzer ist 70:Harald Schmidt über Alice Schwarzer

ALICE SCHWARZER UND HARALD SCHMIDT

Quelle: DPA

"Esther Vilar, Verona Feldbusch und Sepp Maier pflastern deinen Weg"

"Personifiziertes Sturmgeschütz der Gleichberechtigung", "unsere Simone de Beauvoir ohne Sartre", "größer als der Feminismus in Deutschland"

"Nicht jede, die nervt, hat die Qualitäten von Alice Schwarzer"

(Moderator und Satiriker Harald Schmidt in seiner Laudatio zum Ludwig-Börne-Preis für Alice Schwarzer am 4. Mai 2008)

Im Bild: Alice Schwarzer neben Harald Schmidt am 9. Mai 1998 in Wiesbaden

8 / 10

Alice Schwarzer ist 70:Männerfreundschaften

GÖTZ GEORGE UND ALICE SCHWARZER

Quelle: DPA/DPAWEB

"Sie hat mir erklärt, daß sie mich keinesfalls für einen Macho, sondern für einen zärtlichen Mann halte, mit dem sie auch etwas anfangen könne."

(Schauspieler Götz George zitiert in der taz vom 8. März 1996)

"Ich bin immer etwas vorsichtig zu behaupten, daß ich mit jemandem befreundet bin, aber Alice und ich sind Freunde. Ich habe sie Ende der 70er Jahre kennengelernt. Sie galt als ernst, verbissen, sehr kämpferisch und dadurch lustfeindlich. Ich traf eine Person, die zwar kämpferisch und ernst war, trotzdem sehr sinnlich und lebensfroh."

(TV-Moderator Alfred Biolek zitiert in der taz vom 8. März 1996)

Im Bild: Götz George am 11. Mai 2001 in Hamburg zusammen mit seiner Laudatorin Alice Schwarzer bei der Verleihung der "Goldenen Feder"

9 / 10

Alice Schwarzer ist 70:Was Frauen über sie sagen

ALICE SCHWARZER

Quelle: DPA

"Frauen hat Alice Schwarzer am wenigsten gebraucht für ihren unaufhaltsamen Aufstieg zur Promifrau. Im Gegenteil: Von Beginn an macht sie sich zur Linienrichterin, die auf den Schlachtruf 'Frau sein allein genügt nicht' die Genossinnen mit harter Hand auf ihre, die einzig richtige Linie also, einschwor. Alle, die nicht drauf waren, wurden im Zentralorgan Emma als Kollaborateurinnen mit dem Feind entlarvt."

(Publizistin Cora Stephan im Focus vom 15. November 2010)

"Sie hat unendlich viel für die deutschen Frauen in Bewegung gebracht. Sie hat sich immer in die vorderste Front gestellt, sie hat sich beschimpfen und bespucken lassen. Und vieles, was sie angestoßen, als Erste diskutiert und verlangt hat, steht heute in den Gesetzbüchern. Gerade deswegen tut es mir unendlich leid, dass sie so ungenau geworden ist."

(Schauspielerin Senta Berger am 11. Januar 2011 im Kölner Stadtanzeiger)

Im Bild: Alice Schwarzer am 17. Oktober 2000 in Berlin bei der Vorstellung ihres Buchs "Der große Unterschied"

10 / 10

Alice Schwarzer ist 70:Ganz oben angekommen

GERMANY-POLITICS-WOMEN-VOTE

Quelle: AFP

"Mit Ihrem Esprit haben Sie nicht nur den Frauen, sondern auch uns Männern beigebracht, dass es viel spannender ist, wenn Frauen ihren eigenen Kopf haben."

(Jürgen Rüttgers als Ministerpräsident von Nordrhein-Westphalen bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse im Dezember 2005)

"Alice Schwarzer macht genau das, was Heine früher gemacht hat. Die Ehrengabe steht für Literatur und Einmischung in die Belange der Zeit. Alice Schwarzer hat sich als Schriftstellerin, Journalistin, Herausgeberin, Feministin und Grenzgängerin zwischen Deutschland und Paris einen unverwechselbaren Namen gemacht."

(Joseph A. Kruse, Vorsitzender der Heine-Gesellschaft, am 17. Februar 2006)

Im Bild: Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Alice Schwarzer und der FDP-Politikerin Hildegard Hamm-Bruecher in Berlin am 26. Januar 2009.

© Süddeutsche.de/cag/holz
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: