Süddeutsche Zeitung

Gedicht von Albert Ostermaier:Nach Kiew

Der Münchner Dichter, Dramatiker und Autor Albert Ostermaier hat ein Gedicht über den Krieg in der Ukraine geschrieben.

Von Albert Ostermaier

Nach Kiew

für jurij

du kriegst den krieg

nicht aus dem kopf

die kugel im herzen

durchschlägt die wände

der häuser der freunde

die es trifft mit dem

leben durch die haut

während du nur betroffen

bist und bleibst zuhause

in deiner betroffenheit

in deinem safe space

mit genügend raum für

deine panik die attacken

nach den bildern den

anrufen und rufen nach

mutiger hilfe die du und

wir verweigern unseren

frieden zu haben den sie

verteidigen an der front

unserer gewissenslosigkeit die

armeen unserer freiwilligen

sind worte wie diese waffen

ohne soldaten sie auf den

feind zu richten von dem

wir sagen er richtet sie

auch gegen unsere freiheit

die wir uns nehmen dass ihr

für sie sterben könnt mit ihr

was kann ich tun

wie schnell wird diese frage

vergangenheit sein

der konjunktiv II

unserer demokratie ich

lese tschechow bis mir

die tränen kommen wer

zu spät kommt der bestraft das

leben mit dem tod die panzer

rollen und die zeit läuft und

läuft und läuft und läuft läuft bis

sie abgelaufen ist

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