Der perkussive Drum-Track "Primal Prayer" ist von westafrikanischer Rhythmik beeinflusst und könnte am Sonntagmorgen gut durchs Soundsystem der Berliner Panorama Bar pumpen. "Back to Bachland" basiert auf dem berühmten Basspedal-Ostinato aus Johann Sebastian Bachs "Passacaglia" in c-Moll und schwingt sich von morbiden Kellermönchs-Chören hinauf zum euphorischen Triumph über die Trauer. Beide Stücke scheinen zunächst gar nicht zusammenzupassen, aber der amerikanische Sänger, Komponist, Synthesizer-Pionier und Transmann Beverly Glenn-Copeland, 75, schöpft aus einem reichen Fundus an Bildung und Erfahrung: Er hat in den Sechzigerjahren klassischen Gesang an der McGill University in Montréal studiert, jahrelang Kindermusik für die "Sesamstraße" komponiert und Folk, Blues und Jazz aufgesogen. Und er weiß all dies auf seinem Album "Primal Prayer" (ORG Music) auch auf zwingende Weise zu verbinden. In "La Vita" liegt über einem Trip-Hop-Beat, der an Massive Attack erinnert, eine dramatische italienische Opernarie. Deren Kitschigkeit wird aber reduziert, wenn Copeland mit seiner Gospel-Schubert-Stimme dazu sprechsingt, oder fast rappt: "And my mother says to me: Enjoy your life!" Copeland hat sich der "healing art of music" verschrieben, was mancher esoterisch finden mag. Man kann "Primal Prayer" aber auch einfach als grandioses Pop-Album hören. Obwohl, oder gerade weil es vorbei an allem läuft, was gerade im Pop so los ist.