Als Miles Davis seine Arbeit an dem Album "Rubberband" begann, das jetzt erstmals fertiggestellt wurde und erscheint, fand gerade eine Zeitenwende statt. Mit den damals neuen Schlagzeugcomputern, digitalen Synthesizern und Samplern verwandelten sich die Produzenten von Verwaltern in Regisseure, die mehr musikalische Macht hatten, als je zuvor.
Rückblickend waren der Drumcomputer Roland TR-808 oder das Yamaha Keyboard DX7 so etwas wie musikalische Schulterpolster. Zu dünn, zu ungelenk wirken die Produktionen mit diesen frühen Maschinen heute, ähnlich wie die Special Effects der Kino-Blockbuster jener Zeit. Weswegen "Rubberband" im Gesamtwerk von Miles Davis noch stärker verblasst, als die meisten seiner schwierigen Platten aus den Achtzigerjahren.
"Rubberband" sollte Miles Davis Durchbruch als Superstar werden. Junge Musiker auf der Höhe der Zeit wurden ins Studio geholt, berühmte Sänger sollten singen, was in der nachbearbeiteten Fassung nun nicht ganz so berühmte Sänger tun. Für Miles Davis war das weniger der Drang nach noch mehr Ruhm und Reichtum. Hatte er beides schon reichlich. Ihn interessierte der Zeitgeist und der fand sich damals auf der Straße, auf der sich Hip-Hop und New Jack Swing etablierten. Ähnlich wie auf seinen anderen Alben dieser Zeit bleibt seine Trompete ein Fremdkörper. Fast unsicher sucht er im viel zu mathematischen Raster der Musik den Weg für den Strahl seines Instruments. Beherrschte er den Funk-Brutalismus seiner Siebzigerjahre-Bands noch souverän von oben, so scheint er da die Kontrolle zu verlieren über eine musikalische Entwicklung, die er verstehen, aber nicht beherrschen konnte. So bleibt "Rubberband" ein Zeitdokument. Eine Wissenslücke schließt sich da nicht.