Man hatte nicht ohne Grund Angst vor diesem Album, denn häufig sind von Nachlassverwaltern posthum zusammengestellte neue Alben von toten Pop-Legenden ja sehr schlimm, siehe Michael Jackson. "Piano & A Microphone 1983", das neue Prince-Album, ist aber zum Glück großartig. Weil die im Archiv gefundene Aufnahme, welche eine 35-minütige Probe-Session von Prince aus dem September 1983 dokumentiert, nicht verändert wurde. Prince Rogers Nelson, gestorben 2016, ist hier im Alter von 25 Jahren zu hören, nur mit sich selbst im Studio, also Klavier und Stimme, ohne The Revolution, ohne Drum-Computer, ohne Kostüm und Highheel-Spagat. Nackt, wenn man so will. Er croont, kiekst, röchelt, kreischt und schnauft mit seiner stimmungs- und genderwandelnden Stimme ins Mikro rein und hämmert und klimpert den Blues und den Jazz in die Tasten. Was für ein Genie er war, wird hier in jeder Sekunde deutlich, selbst wenn die neun Songs teils nicht mehr als Skizzen sind. "Purple Rain" zum Beispiel, ein Jahr später der erste Riesenhit von Prince, ist hier noch ein Stummel von einer Minute und 27 Sekunden. Die erste Strophe ist schon da, der Refrain wohl noch in Entwicklung. Aber man hört Genies sogar gerne beim Trial-and-Error zu, weil die Fehler bei ihnen ja gar nicht nach Fehlern klingen. Sondern eben genial!