Alben der Woche:Lobpreiset den Herrn!

Kleine Weihnachtssensation: Kanye West hat ein Album termingerecht fertiggestellt - und bleibt beim Gospel-Werk ganz im Hintergrund. Dazu: Remixe von Fever Ray und von "The King of Cons" R'n'B für Leute, die keinen R'n'B mögen.

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The King of Cons - "Sacrifice" (AdP Records)

King of Cons - "Sacrifice" (AdP Records)

Quelle: AdP Records

Endlich: R'n'B für Leute, die keinen R'n'B mögen. "Sacrifice" (AdP Records), das neue Studioalbum von The King of Cons, hat alles, was das Genre sonst bestimmt: plüschige Synthies, anschmiegsame Drums, flauschige Songs, Falsett - aber davon eben nie zu viel, was vermutlich am Set-Up liegt, mit dem die Band live spielt. Duo-Besetzung: Schlagzeug, Gitarre. Dazu nur ein paar wenige Synthie-Pads und Bässe. Und im Studio eben noch ein paar mehr. "Sacrifice" klingt damit - nur minimal hochgegriffen - wie ein Parcels-Remix der White Stripes auf sehr gütigem MDMA. Und ist auch sonst ein wirklich schönes, etwas klebriges Stück Pop zum Jahresstart.

Jakob Biazza

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Fever Ray - "Plunge Remix" (Mute Records)

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Quelle: Label, Youtube

Fever Ray ist Karen Dreijer, die ehemalige Sängerin des schwedischen Elektro-Pop-Duos The Knife. Dreijer ging im Jahr 2018 mit ihrem ziemlich guten Album "The Plunge" auf Tour, brach die ganze Sache aber leider im Spätsommer aufgrund von Panikattacken und Angststörungen ab. Viel hat man von Dreijer seitdem nicht mehr gehört, allerdings ist nun das sehr hörenswerte neue Werk "Plunge Remix" (Mute Records) erschienen. Darauf findet sich zum Beispiel eine Afrobeat-Variante von "To The Moon And Back" der Ghanaer Jowaa. Die haben vom Original nur einige wenige Zeilen übernommen, etwa "I want to run my fingers up your pussy" - und packen das eh schon sehr queer-clubbige Thema des Songs dazu auch noch in Break-Rhythmen, die auf der Tanzfläche wohl genau das auslösen sollen, was "Jowaa" auch übersetzt bedeutet: hart abtanzen nämlich. Oder die Industrial-Interpretation des gebürtigen Malaysiers Tzusing, dessen harte Maschinen-Ästhetik sich erstaunlich gut mit Dreijers ewig kindlicher Stimme verträgt. Highlight des Albums ist aber der Remix von Dreijers Bruder und ehemaligem Bandkumpanen Olof Dreijer, der "Wanna Sip" in ein polyrhythmisches Monstrum verwandelt, das mit seiner immensen Bandbreite an Einflüssen, Instrumenten und ungewöhnlichen Harmonieskalen den Geist auf den Punkt bringt, den das ganze Album zu atmen scheint: der Versuch einer geografisch, sowie kulturell und geschlechtlich vollkommen entgrenzten Tanzmusik. <QM>Quentin Lichtblau

Quentin Lichtblau

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Sunday Service Choir - "Jesus Is Born" (INC)

Sunday Service Choir - "Jesus Is Born" (INC)

Quelle: INC

Und damit zum Schluss noch ein nachgereichtes Weihnachtswunder: Kanye West hat es tatsächlich geschafft, ein Album termingerecht zu veröffentlichen! Auf dem passenderweise direkt am 25. Dezember erschienenen "Jesus Is Born" (INC) ist er allerdings nur als Produzent tätig, die Stimmen liefert sein Gospel-Projekt Sunday Service Choir. Dieser Chor begleitet den neuerdings ganz im Auftrag des Herren arbeitenden West schon länger, zuletzt bei seinem einigermaßen verwirrenden christlichen "Opern"-Projekt in der Hollywood Bowl in Los Angeles. Wer schon den Beginn von Wests neuer Mission nicht mitgegangen ist, für den wird "Jesus Is Born" erst recht nichts sein. Für Atheisten sind abseits der etwas redundanten Dauer-Lobpreisung Gottes höchstens ein paar interessante Neu-Interpretationen alter Stücke von West dabei: "Father Stretch" ist etwa eine auf die Choranteile reduzierte Version des zweiteiligen "Father Stretch My Hands" von Wests 2016er-Album "The Life of Pablo". Nach dem gleichen Prinzip funktioniert auch die neue Fassung von "Ultralight Beam". Restlos bekehren wird das alles vermutlich nur wenige, aber man kann es sich durchaus mal anhören.

Quentin Lichtblau

© sz.de/biaz
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