Vierzig Jahre Einstürzende Neubauten. Das Jubiläum feiern Blixa Bargeld und seine Krachfreunde mit "Alles in allem" (Potomak), einem Album, auf dem alles noch einmal zusammenfindet, was man adhoc mit ihnen assoziiert: der Schrottplatzlärm, die alte Westberliner Frontstadt-Romantik, auch die Befühlung des heutigen Berlins in typischer, kryptisch-dräuender Bargeldscher Lyrik. Dabei gelingt ein anrührender Balanceakt. Hier der geschichtsschwere Sog runter in den Brandenburgischen Sand, auf den die Stadt gebaut ist. Dort ziemlich luftige Wegfliegfantasien. "Am Landwehrkanal" ist eine geklöppelte Schunkelhymne auf Rosa Luxemburg, deren Leiche 1919 in besagtem Kanal von ihren Mördern entsorgt wurde. "Möbliertes Lied" ist ein stagnierend-düsterer Torchsong, in dem Bargeld, 61, in seiner Dachgeschosswohnung in Mitte scheinbar darüber nachdenkt, wie es mal sein wird, wenn er in den Berliner Himmel fahren muss: "Wir werden auf der Dachterasse warten, Abholung garantiert." Fertig zum Wegbeamen, sozusagen, aber: "Um Himmels Willen kein Gott!" Doch, da kann man als Zuhörer ruhig ein bisschen kichern. "Zivilisatorisches Missgeschick" feiert mit aufheulender Kreissäge und allerlei depperndem Metall dann noch einmal den Ur-Neubauten-Lärmsound, aber am Ende wird alles ganz harmonisch und leicht: "Am Rand des Rollfelds, auf dem Tarmac, hier komme ich abhanden", singt Bargeld in "Tempelhof". Noch eine Himmelfahrt also, und diesmal wird sie sogar begleitet von zarten Harfenzupfern. Harfe! Bei den Neubauten!