Techno ist noch lange nicht ausgeträumt. Die Utopien der strammen Bassdrum locken weiter. Das ist auf dem neuen Album "AurAA" (BPitch) der Berliner DJ, Produzentin und Labelbetreiberin Ellen Fraatz alias Ellen Allien sehr gut zu hören. Wie kaum eine Figur der Technowelt versteht sie es, die ewigen Zukunfts-Tropen dieser Musik - spacige Sounds, Technik-Euphorie, Sehnsucht nach Aliens - zu nehmen und ihnen einen ganz eigenen, poppigen Spin zu geben. Im Track "True Romantics" singt sie zum Beispiel mit plastisch in den Keller gepitchter Stimme davon, dass gemeinsames Denken viel schlauer sei als isoliertes, vereinzeltes Denken. Das Acid-Wimmern im Hintergrund ist zart, dafür wummert der Bass umso doller. Auch im Opener "Hello Planet Earth" oder im Track "Traum" bewirken zuckende Lasersounds zugleich eine kontemplative wie heißkalte Stimmung - im ersten Fall als Ambient-Track, im letzten als rasender Emo-Stomper. Dass Allien Kontraste liebt, erinnert an die Neunzigerjahre, als die Rave-Glückseligkeit sich am besten in entkernten Betonruinen entfaltete. Man denkt, solche brutal hallenden Räume gebe es in Berlin gar nicht mehr. Aber als sie aufgrund der Corona-Pandemie Ende Mai nicht wie geplant in Detroit, der Mutterstadt des Techno, beim Movement-Festival auflegen konnte, fand Allien noch genau so eine Ruine - auf dem Gelände des alten DDR-Funkhauses in Köpenick. Dort hinein stellte sie sich und eine Nebelmaschine für ein im Netz übertragenes DJ-Ersatz-Set. Fertig war der Stream aus Geschichte und Zukunft des Techno. "AurAA" gießt dieses Gefühl in ein tolles Album.