Ärger um Barack-Obama-Plakat:Schlechter Joker-Joke

Was haben Obama, Sozialismus und der Joker aus "Batman" gemeinsam? Ein Plakat, das den US-Präsidenten als Bösewicht zeigt, sorgt für Diskussionen.

Alex Rühle

Es tauchte über Nacht auf, an Autobahnunterführungen in Los Angeles: Ein Plakat, wild geklebt, das Obama zeigt, geschminkt als "Joker", den nihilistischen Bösen aus "Batman", der aus reiner Freude an der Zerstörung die Welt ins Chaos stürzt. Unter der Collage nur ein Wort, das auf viele Amerikaner immer noch mindestens so destruktiv und gefährlich wirkt wie der zwanghaft lächelnde Irre aus Gotham City: "Socialism".

Ärger um Barack-Obama-Plakat: Barack O-Joker ist so wenig rassistisch wie originell: In den vergangenen zwei Jahren wurden so ziemlich alle amerikanischen Politiker mal mit der Clownsfratze übermalt.

Barack O-Joker ist so wenig rassistisch wie originell: In den vergangenen zwei Jahren wurden so ziemlich alle amerikanischen Politiker mal mit der Clownsfratze übermalt.

(Foto: Foto: oh)

Republikanische Foren jubeln, endlich werde das wahre Gesicht des Präsidenten gezeigt; andere benutzten das Bild sofort in einer Mailkampagne, in der sie Obama als Nazi verunglimpfen. Und die Medien diskutieren darüber, ob das Poster rassistisch sei.

Es gab schon wirklich fiese Karikaturen von Obama, die eindeutig auf der Klaviatur des Rassismus spielten, man denke an die Zeichnung aus der New York Post, die Obama als erschossenen Schimpansen zeigte. Ein Schwarzer als Schimpanse - das ist etwas Anderes als Bush als Affen zu zeichnen, wie es der Guardian-Karikaturist Steve Bell über Jahre hin tat. Bush wurde damit als Idiot und politischer Grobmotoriker gekennzeichnet. Der schwarze Präsident als fetter toter Schimpanse, das rührt an ganz finstere Codes.

Obama als Joker hingegen ist so wenig rassistisch wie es originell ist: Ein amerikanischer Student hat vor einiger Zeit das Obama-Porträt auf dem Time-Titelbild von 2006 mit Photoshop in die lächelnd geschminkte Fratze verwandelt. Und in den vergangenen zwei Jahren wurden so ziemlich alle amerikanischen Politiker mal mit der irren Clownsfratze übermalt: Aus den verschiedenen Versionen des George-Bush-Jokers könnte man ein komplettes Kartenspiel machen, und die schwarze Verteidigungsministerin Condoleezza Rice wurde auch mehrfach mit dem fies verschmierten Riesenlächeln überschmiert, ohne dass das seinerzeit als Rassismus gebrandmarkt worden wäre.

Bleibt die Frage, was Joker, Obama und der Sozialismus miteinander zu tun haben. Dem Joker geht es nicht um eine Gesellschaftstheorie oder um gerechtere Einkommensverhältnisse. Er ist ein anarchistischer Terrorist, der seine helle Freude an der Zerstörungskraft des entfesselten Kapitalismus gehabt haben dürfte. Und Obama? Ein Sozialist? Wie viele Leute aus seinem Kabinett sind noch mal direkt von der Wall Street gekommen? Eher könnte man sagen, dass da eine cinematographische Ikone des Bösen und ein Metonym der Angst aneinandergeklebt werden, schlampig wie das Poster selbst.

Von ferne erinnert das Bild übrigens an Shepard Fairey's ikonographisches Wahlkampf-Poster, auf dem unter Obamas Gesicht, gehalten in Blau-, Weiß- und Rottönen nur der Schriftzug "Hope" stand. Das wurde übrigens seinerzeit sofort parodiert: Der Australier James Lillis malte statt Obama Heather Ledger als Joker und ersetzte den Schriftzug "Hope" durch "Joke".

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