Antisemitismus-Debatte:Schaden für die Meinungsfreiheit

Geschwister-Scholl-Preis

Der Schriftsteller Achille Mbembe, der für sein Buch "Kritik der schwarzen Vernunft" 2015 den Geschwister-Scholl-Preis bekam.

(Foto: Matthias Balk/dpa)

Achille Mbembe wird Antisemitismus vorgeworfen. 700 afrikanische Intellektuelle widersprechen dem in einem Brief an Merkel - und fordern die Entlassung des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung.

Von Sonja Zekri

In der Kontroverse um den afrikanischen Historiker Achille Mbembe haben 700 afrikanische Intellektuelle, Literaten und Künstler einen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier geschrieben. Felwine Sarr gehört dazu, Jean-Bernard Ouédraogo und Stanislas Bigirimana. Darin kritisieren sie die "falschen Vorwürfe des Antisemitismus", die von "rechtsextremen" und "konservativen und rassistischen Gruppen" in Deutschland gegen Mbembe erhoben worden seien.

Der Vorwurf des Antisemitismus sei nicht nur unbegründet, sondern stelle zudem "eine unzulässige politische Instrumentalisierung einer entsetzlichen humanen Katastrophe" dar. Zudem beschädige er das Recht auf "Kritik, Gedanken- und Meinungsfreiheit, die akademische und künstlerische Freiheit und die Freiheit des Gewissens". Wie zuvor andere Intellektuelle fordern sie die Entlassung von Felix Klein, dem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung.

Postkoloniale Forschung und Holocaust-Forschung

Klein hatte Achille Mbembe Israelfeindlichkeit und die Relativierung des Holocaust vorgeworfen. Ausgelöst hatte die Debatte der nordrhein-westfälische FDP-Landtagsabgeordnete Lorenz Deutsch, der die Ausladung Mbembes als Eröffnungsredner der Ruhrtriennale gefordert hatte. Obwohl die Ruhrtriennale wegen der Corona-Pandemie abgesagt worden war, weitete sich die Kontroverse aus. Inzwischen geht es unter anderem um das Verhältnis der postkolonialen Forschung zur Holocaust-Forschung, Deutschlands Antisemitismus-Begriff und die Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte.

"Alle Völker haben nicht nur das Recht auf Erinnerung. Alle Erinnerungen haben auch das gleiche Recht darauf, anerkannt und erzählt zu werden", heißt es in dem Brief an Merkel und Steinmeier: "Der Kampf gegen den Antisemitismus ist ein universeller Kampf."

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