Academy Awards:So kam es zur größten Panne der Oscar-Geschichte

Warren Beatty und Faye Dunaway verkünden bei den 89. Academy Awards den falschen Sieger in der Kategorie "Bester Film". Wie konnte das passieren?

Von Carolin Gasteiger

Im Umschlag steckt keine Karte, sondern eine Bombe. Sobald er geöffnet wird, fliegt die ganze Oscarverleihung in die Luft. Frank Drebin versucht im dritten Teil von "Die nackte Kanone" alles, um das zu verhindern. Er erzählt wirres Zeug, faselt etwas von Thunfisch und Katzenfutter. Als er schließlich ins Mikrofon sagt "Es ist eine Bombe", bricht das Publikum im Saal in Jubel aus, die vermeintlichen Gewinner fallen sich in die Arme und stürmen auf die Bühne. Bis ein Pistolenschuss alle erstarren lässt.

Eine Bombe war die Panne bei den 89. Academy Awards am Sonntagabend nur im übertragenen Sinn. Und es war auch kein Pistolenschuss, der den Jubel der "La La Land"-Crew stoppt. Sondern der Satz des Produzenten Jordan Horowitz: "Das ist ein Fehler. 'Moonlight' - ihr habt den besten Film gewonnen." Und später: "Das ist kein Witz." Viele hielten den Fauxpas jedoch für mindestens so amüsant wie die Szene in "Die nackte Kanone 33⅓". Es ist auf jeden Fall die größte Panne in mehr als 80 Jahren Oscar-Geschichte.

Warren Beatty hatte lange gezögert, bevor er Co-Laudatorin Faye Dunaway die Karte in seiner Hand lesen ließ, woraufhin diese "La La Land" als besten Film verkündete. Als die jubelnde Crew des Oscar-Favoriten auf die Bühne kam und Feuilletonisten in Gedanken schon Titelzeilen formulierten ("Hollywood entscheidet im Sinne des Eskapismus"), wird es auf der Bühne unruhig, ein Mann mit Headset kommt. "La La Land"-Produzent Fred Berger sagt eben noch die letzten Worte seiner Dankesrede, als er mit den Worten "Wir haben übrigens verloren" vom Mikrofon zurücktritt und sein Kollege Horowitz übernimmt. Wie kam es zu der Verwechslung?

Auf einem Foto ist deutlich erkennbar, dass auf dem Umschlag in Beattys Händen "Actress in a leading role" steht, also Beste Schauspielerin. Die wurde jedoch kurz zuvor schon ausgezeichnet. Gewinnerin Emma Stone hatte ihre Karte die ganze Zeit über in der Hand, wie sie Journalisten nach der Show erklärte.

Tatsächlich gibt es für jeden Gewinner zwei Umschläge. Zwei Personen verwahren während der Oscarverleihung jeweils einen davon - also jeder 24. Brian Cullinan und Martha Ruiz arbeiten für das Wirtschaftsprüfungsunternehmen PricewaterhouseCoopers, das seit mehr als 80 Jahren für die Auszählung der Oscarstimmen zuständig ist. Die beiden zählen mit ihrem Team die Stimmen der Academy, merken sich die Gewinner (es gibt aus Sicherheitsgründen kein schriftliches Dokument) und versiegeln die Umschläge, die den Laudatoren gegeben werden, bevor diese auf die Bühne kommen. Die beiden fahren sogar in getrennten Limousinen und auf unterschiedlichen Routen zum Dolby Theatre, damit im Falle eines Verkehrstaus zumindest einer sicher ankommt.

Wer hat die Umschläge verwechselt?

Während der Verleihung stehen beide jeweils rechts und links am Bühnenrand und händigen den Laudatoren die versiegelten Umschläge aus. In einem Interview erklärt Cullinan: "Es klingt nicht besonders kompliziert, aber man muss sichergehen, dass man den Laudatoren den richtigen Umschlag aushändigt."

Am Sonntagabend muss genau das in diesem Moment schiefgelaufen sein, bevor Beatty und Dunaway auf die Bühne kamen. Offenbar bekam nicht nur Leonardo DiCaprio - der die beste Hauptdarstellerin kürte - den Umschlag mit Emma Stones Namen, sondern auch Beatty. Der berechtigterweise ins Stutzen geriet und später sagte: "Man hat mir den falschen Umschlag gegeben."

War das Cullinan? Oder Ruiz? Wusste der eine nicht, welcher Umschlag gerade auf der anderen Seite ausgehändigt wurde? PricewaterhouseCoopers veröffentlichte noch in der Nacht ein Statement:

"Wir entschuldigen uns in aller Form bei 'Moonlight', 'La La Land', Warren Beatty, Faye Dunaway und den Oscar-Zuschauern ... Die Laudatoren haben aus Versehen den Umschlag mit der falschen Kategorie erhalten. Als der Fehler entdeckt wurde, wurde er umgehend korrigiert. Wir untersuchen derzeit, wie das passieren konnte und bedauern den Vorfall zutiefst."

Einer zumindest geht ähnlich wie Filmprotagonist Frank Drebin als Held vom Platz. "La La Land"-Produzent Horowitz wird im Netz für seine wahren Worte und die Geistesgegenwart gelobt. Dafür musste er nicht einmal wirres Zeug erzählen. Sondern nur die Wahrheit.

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