Abtreibungsdrama "Call Jane" im Kino:Solidarisch im Untergrund

Lesezeit: 2 min

Wird ein Anruf bei "Jane" die Rettung sein? Elizabeth Banks (li.) und Wunmi Mosaku in "Call Jane". (Foto: Wilson Webb/DCM)

Der Film "Call Jane" mit Elizabeth Banks und Sigourney Weaver erzählt von einem geheimen Netzwerk, das amerikanischen Frauen in den Sechzigern zu Abtreibungen verhalf.

Von Susan Vahabzadeh

Jane hat es gegeben - und doch gab es nie eine Jane. 1965 in Chicago gegründet, war "Jane" der Codename für ein Untergrund-Netzwerk: von Frauen, für Frauen. Eine Telefonnummer kursierte, dort riefen Frauen an, die einen Schwangerschaftsabbruch brauchten - und dann vermittelten die "Janes" für möglichst wenig Geld eine sichere Abtreibung, Fahrdienst und Betreuung inklusive.

Sieben Mitglieder wurden 1972 bei einer Razzia festgenommen, jeder dieser Frauen drohten mehr als hundert Jahre Haft. Aber sie schafften es, den Prozess ein wenig hinauszuzögern. Bis zum nächsten Jahr, in Erwartung eines Urteils beim Obersten Gerichtshof zum Fall "Roe versus Wade". Das war dann der Richterspruch, der den Frauen in den USA ein Recht auf Schwangerschaftsabbrüche garantierte, bis er im vergangenen Frühjahr wieder aufgehoben wurde.

Die "Janes" haben Phyllis Nagy zu ihrem Film inspiriert, sie entspinnt da eine Geschichte von zwei sehr unterschiedlichen Frauen. Die eine ist Joy (Elizabeth Banks), mit einem Anwalt verheiratet, elegant mit aufgetürmten blonden Haaren, Teenager-Tochter und geschniegeltem Eigenheim in der Vorstadt von Chicago.

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Ein fast perfektes Leben, zumindest hinterfragt Joy nichts daran, bis sie eines Tages beim Arzt sitzt: Sie ist wieder schwanger - und wird wegen einer Krankheit wahrscheinlich die Schwangerschaft nicht überleben. Einen Abbruch lehnt die Klinik ab, weil das Kind bessere Chancen hat als seine Mutter. Joys Mann nimmt das hin - einen illegalen Eingriff lehnt er ab. Er ist ja Anwalt, ein Mann des Rechts.

Joy gerät an einen Handzettel, wird gerettet, und dabei lernt sie die andere Hauptfigur kennen, die Anführerin der "Janes". Virgina (Sigourney Weaver) ist alles, was sie nicht ist. Sie lebt ein fröhliches Lotterleben inmitten ihrer Frauenbande, die in ihrem unaufgeräumten Wohnzimmer hitzig diskutiert und dabei Spaghetti futtert. Virginia meldet sich bald wieder, Joy soll eine Betreuung übernehmen, und bald steckt sie mitten im Untergrund.

Für andere Frauen zu entscheiden - das führt nur in einen Sumpf der Vorurteile

Und kommt dort auch dahinter, dass der tolle Arzt, zu dem die Janes die Frauen bringen, gar keiner ist. Auch diese Wendung ist übrigens aus der Wirklichkeit geborgt. Anfangs hat Joy noch Bedenken, wenn sie Frauen helfen soll, denen sie schlechtere Gründe zugesteht, als sie selbst für ihren Abbruch hatte - doch dann wird ihr klar, in welchen Sumpf der Fehlurteile sie gerät, wenn sie versucht, für andere Frauen zu entscheiden.

Phyllis Nagy ist Dramatikerin, sie hat für "Carol" (2015) von Todd Haynes einen Roman ihrer langjährigen Freundin Patricia Highsmith adaptiert. Bei "Call Jane" führt sie nun erstmals fürs Kino Regie und geht gleich in die Vollen. Der Film hat einen so schönen Retro-Stil, Elizabeth Banks und Sigourney Weaver verströmen so positive Energie, und das kommunenartige Treiben in Virginias Haus, wo alle zusammenhocken, hat so viel Wärme - fast könnte man dieses Netzwerk im Untergrund trotz des hohen Risikos romantisch finden. Und auch wenn das vielleicht etwas übertrieben wirkt - die Frauen in manchen Staaten der USA könnten eine solche Anleitung, wie man sich im zivilen Ungehorsam einrichtet, bald wieder brauchen.

Call Jane , USA 2022 -Regie: Phyllis Nagy. Drehbuch: Hayley Schore, Roshan Sethi. Kamera: Greta Zozula. Mit: Elizabeth Banks, Sigourney Weaver, Wunmi Mosaku, Chris Messina, Kate Mara. DCM, 121 Minuten. Kinostart: 01. 12. 2022.

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