"5 Zimmer Küche Sarg" im Kino:Abwasch der Vampire

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Kinostart - '5 Zimmer Küche Sarg'

Auch Vampire müssen abspülen: Deacon (Jonathan Brugh) in "5 Zimmer Küche Sarg".

(Foto: dpa)

Taika Waititi und Jemaine Clement studieren in "5 Zimmer Küche Sarg" den Alltag von Blutsaugern, WG-Zwist inklusive. Die Flucht vor Knoblauchzehen macht dabei nur noch einen kleinen Teil aus.

Von Anke Sterneborg

Was machen Vampire eigentlich, wenn sie nicht gerade mit all den bizarren Dingen beschäftigt sind, von denen sonst im Kino immer erzählt wird? Während die Flut der neuen Vampirfilme den Thrill des Genres sucht, haben es die Neuseeländer Taika Waititi und Jemaine Clement auf den eher banalen Blutsauger-Alltag abgesehen - als könne man dem Leben von Vampiren mit den Mitteln des Reality TV beikommen, im subversiven Mockumentary-Stil.

Schnell stellt sich dabei freilich heraus, dass in der VG, der Wohngemeinschaft der Vampire in einem alten, verfallenen Haus im neuseeländischen Wellington die Jagd aufs nächste Opfer und die Flucht vor Knoblauchzehen, Sonnenstrahlen und Silberkugeln nur den allerkleinsten Teil des Tagesablaufs ausmachen. Stattdessen geht es wie in jeder anderen WG um zermürbende Streitereien: Wer spült die Berge blutverklebten Geschirrs ab? Könnt ihr nicht Handtücher auf meinem guten Sofa ausbreiten, bevor Ihr euren Opfern die Halsschlagader durchbeißt? Und kann mir mal jemand sagen, wie mein Ausgeh-Dandy-Look aussieht, schließlich kann ich mich im Spiegel ja nicht sehen . . .

Im ersten gemeinsam inszenierten Spielfilm wenden Taika Waititi und Jemaine Clement ihre eigenen normalsterblichen WG-Erfahrungen auf den mythischen Lebensstil der Vampire an: "Als wir die Idee hatten, lebten wir in dunklen, kalten Häusern, in denen niemand das Geschirr gespült hat", erzählt Taika Waititi beim Gespräch im Berliner Soho House. Der Kniff, das Hochtrabende mit dem Banalen zu verschmelzen, etwas völlig Abgefahrenes mit stoischer Miene zu präsentieren, war bereits erfolgreich beim Comedy Duo "Flight of the Conchords", mit dem Jemaine Clement und sein Partner Bret McKenzie von neuseeländischen Kleinkunstbühnen aus die Welt eroberten: "Ich denke, dass wir in den meisten unserer Unternehmungen etwas ziemlich Dusseliges auf eine sehr ernsthafte Weise angehen", sagt Clement und trägt dabei diesen schläfrig pseudonaiven Conchord-Blick zur Schau.

"Flight of the Conchords" ist Stand-up- Comedy im Singer-Songwriter-Modus, mit Gitarren auf dem Barhocker, in ausgebeulten T-Shirts und unförmigen Jeans, mit ungebändigtem Haarwildwuchs und gelangweilter Deppenmiene, als ginge es keinen Augenblick darum, Aufmerksamkeit zu erregen. Ein Spiel mit dem totalen Understatement, sozusagen aus dem eigenen Badezimmer heraus, in dem die Toilette der Firma Concorde den Nonsense-Namen des Duos inspiriert hat.

Doch der Nerd aus der Highschool, der auch zwanzig Jahre später noch nicht erwachsen ist, ist nur Tarnung für den ziemlich scharfen Verstand und die sehr genaue Beobachtungsgabe, mit der hier die Absurditäten der Wirklichkeit aufs Korn genommen werden, der alltägliche Rassismus oder der unermüdliche Clinch der Geschlechter.

Zum Beispiel in dem Sketch "If you're into it", den man neben vielen anderen Conchord-Highlights auf Youtube sehen kann. Die überschwänglichen Versprechungen romantischer Liebeslyrik werden da auf ihren Realitätsgehalt geprüft: "Würdest du wirklich den höchsten Berg für sie erklimmen?", fragt Jemaine seinen Freund Bret. - "Wahrscheinlich eher nicht", räumt der ein. "Und würdest du wirklich ein Schwert für sie schlucken?" - "Nein, alles nur Metapher!" - "Na, dann geh das Ganze doch mal realistischer an!" Also schmachtet Bret die Geliebte mit prosaischen Sätzen an: Gerne würde ich mit dir rumhängen. Und wenn es dir gefällt, ziehe ich auch alles für dich aus! "How about him in the nude? Him in the nude in front of you, is that what you wanted too?", skandiert von der Seite Jemaine, und das Mädchen schwankt angesichts dieser entwaffnend direkten Anmache zwischen ungläubigem Staunen und echter Rührung, "If it's cool with you I would let you get naked too . . . "

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