Vorschlag-Hammer:Olympiasee oder Schweinewiese

Man muss am Wochenende nicht aufs Land. Man kann durchaus Ruhe und Idyll finden im Münchner Trubel, wobei ich davor warne, dass es am Samstag bei den Beach Boys im Circus Krone ebenso wenig Strand gibt wie Nacktbadende beim Oben Ohne Open Air am Königsplatz - das nämlich ist ein Hip-Hop-lastiger Fez für Jugendliche

Kolumne von Michael Zirnstein

Stadt oder Land? Das ist nicht nur die Frage bei der Wohnortwahl, sondern auch bei der Planung des Kulturwochenendes. Man kann durchaus Ruhe und Idyll finden im Münchner Trubel, wobei ich davor warne, dass es am Samstag bei den Beach Boys im Circus Krone ebenso wenig Strand gibt wie Nacktbadende beim Oben Ohne Open Air am Königsplatz, das nämlich ist ein Hip-Hop-lastiger Fez für Jugendliche. Ruhe findet man aber beim Sommernachtstraum im Olympiapark, zumindest in genau jener halben Stunde, wenn die Konzerte verklungen sind und die 30 000 Gäste ihre Picknickdecken rund um den See ausgebreitet haben. Da kommt jedes Jahr wohltuende Langeweile auf, bis das Feuerwerksgeballer startet. Endlich Pause im Park. Nebenan tobt sich ja auch Tollwood aus für diesen Sommer, am Samstag etwa beim Konzert von Max Herre.

Dass ich dennoch zum Sommernachtstraum gehe, liegt an den Münchner Disco-Punks Pollyester, die dort auf der Nebenbühne auf der Halbinsel spielen. Deren Chefin Polly Lapkovskaja wirkte schon auf der Pressekonferenz zum Festival so herrlich fehl am Platz und doch hoffnungsfroh, weil sie gehört hatte, dass dort die tollen Metronomy 2018 gespielt hatten. So richtig passt die Underground-Diva freilich nicht zu Mainstream-Stars wie Kim Wilde und Milow, aber sie hat noch jeden mit ihrem lustvollen Bass-Spiel herumgekriegt. Umso spannender wird es, weil sie bei ihrem neuen Projekt im Herbst ganz auf Pop-Appeal verzichten mag, ja gar auf ein Album, und statt dessen lieber auf Experiment, Performance, Audiovision und "jede Menge Beine" (schon im Internet zu sehen) setzt.

Damit würde sie besser aufs Land passen, zumindest zum Puch Open Air im Weiler Lueg, wohin die Münchner Szene am Samstag ihren Jahresausflug macht. Pollyester räumten dort, wo heuer Frittenbude und International Music herumrabauken, auch schon ab auf der legendären Schweinewiese mit Obstbäumen. Richtig idyllisch, so möchte ich warnen, wird es angesichts Tausender Pop-Sommerfrischler aber auch dort nicht. Eventuell bietet ein Festival ein paar Fahrminuten weiter bei Wassertrüdingen mehr Landlust mit Künstlern wie Mono & Nikitaman am Samstag oder Ami und Wally Warning am Sonntag - wenngleich der Titel wohl zu viel verspricht: Afrika & Karibik Fest.

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