Trump und Macron:Es bleibt derselbe alte Sexismus

Lesezeit: 2 min

Donald Trump will Brigitte Macron ein Kompliment machen. Vermutlich. Und schafft einen neuen Tiefpunkt in der Genderdebatte.

Kommentar von Jakob Biazza

Vielleicht doch geschwind noch die Gegenposition eingenommen: Es gibt ja ein paar Fragen, die sich stellen lassen, nachdem Donald Trump - der Präsident der USA - die Figur von Brigitte Macron gelobt hat, der Frau des französischen Präsidenten. Öffentlich und vor laufenden Kameras. Größere Teile der Welt werfen ihm dafür Sexismus vor. Schon wieder.

Die Fragen dürften in etwa so gehen: Darf ein Mann einer Frau denn jetzt nicht mal mehr Komplimente machen? Oder: Darf ein Mann denn am Ende gar nicht mehr bemerken, dass eine Frau toll aussieht? Wahrscheinlich auch: Muss man das, was Trump gesagt hat, "You know, you're in such good shape" also, nun mit "Wissen Sie, Sie sind gut in Form" übersetzen, oder gibt es eine Lesart, die im Subtext weniger säftelnd ist? Fragen also, an deren Ende die eine große steht - schon wieder: War das sexistisch?

Es lohnt sich, das offen zu diskutieren. Die etwas instinktive Reaktion, Trump Frauen- und/oder Menschenverachtung vorzuwerfen, wird sonst irgendwann zum billigen argumentativen Taschenspielertrick. Schwieriges Feld, deshalb ist es gut, dass es eine Frage gibt, die viele der anderen sehr überflüssig macht.

Sie ergibt sich quasi automatisch, wenn man die Perspektive wechselt, und sie lautet: "Was hätte man selbst wohl gesagt?" Oder, eine Stufe drüber: "Was bleibt in Erinnerung?" - in einem sehr konkreten Sinne: Menschen treffen aufeinander, verbringen gemeinsame Zeit, finden gemeinsame Themen, teilen Erlebnisse, essen, trinken, reden, lachen, ärgern sich. Was bleibt da hängen? Wie wird man über die Begegnung reden? Es gibt da ja wirklich viele Möglichkeiten: Lob für die Gesprächsinhalte, die gute Stimmung, den Humor. Allgemeinplätze zum Rahmen oder Lügen darüber, dass man das unbedingt wiederholen müsse. Bald!

Im konkreten Fall hatten die beiden Paare immerhin gerade den Invalidendom besichtigt. Klassizistischer Barockbau, Übergang vom 17. ins 18. Jahrhundert. Das böte doch Stoff: Napoleons Mausoleum, eine recht beeindruckende Kuppel, Deckenmalereien, fette Engel. Und in dieser Szenerie: eines der spannendsten Paare der europäischen Politik - und, wenn unbedingt nötig, auch des europäischen Boulevards. Es lässt sich bestimmt viel sagen über ein solches Treffen und die Menschen, die dabei waren.

Erinnerungskultur
:"Man muss dem Zeitpunkt und dem Ort gerecht werden"

An der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem hat Donald Trump mit einem flapsigen Eintrag ins Gästebuch irritiert. Der Historiker Arnd Bauerkämper erklärt, wie angemessene Gedenkkultur aussieht.

Interview von Paul Katzenberger

Was für Donald Trump von so einer Begegnung bleibt, was er zu sagen hat: Urteile über das Aussehen der Frau. "You know, you're in such good shape." Und an den Mann von Brigitte Macron gerichtet: "She's in such good physical shape" ("Sie ist in toller körperlicher Verfassung."). Dazu ein eher allgemeines "beautiful". Preispferde werden so gelobt, als Kompliment von einem Besitzer zum anderen. Rassehunde auch und vielleicht noch Tour-de-France-Fahrer, die sich gerade einen Berg hochgeschunden haben. Ehefrauen eher nicht mehr. Dem Ideal nach.

In der Realität besuchen zwei Paare immer noch ein 300 Jahre altes Gebäude und ein sehr mächtiger Mann fällt ungefragt ein Urteil über die Optik einer weniger mächtigen Frau - obwohl es doch so unendlich viele Alternativthemen gegeben hätte. Die absolute Reduktion auf Äußerlichkeiten. Und im Nachfassen männliches Besitzdenken. Dass das vermutlich tatsächlich als Kompliment gemeint war, zeigt, dass all das auch noch für eine sehr viel größere Geisteshaltung steht. Und damit bleibt der Welt von alldem, leider, nur derselbe alte Sexismus. Ohne Frage. Schon wieder.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Männlichkeit in der Krise
:"Trump macht die männlichste Politik, die wir je hatten"

Viele wütende weiße Männer in den USA fühlen sich von einer "weibischen Regierung" gegängelt, sagt der Soziologe Michael Kimmel. Und erklärt, welches Problem AfD-Wähler mit Merkel haben.

Interview von Johanna Bruckner

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: