Theater:Turteln im Zauberwald

Mittsommernachts-Sex-Komödie
Komödie im Bayerischen Hof

Der Schein trügt: Andrew Hobbs, gespielt von Thorsten Nindel, kann bei seiner Frau Adrian (Saskia Valencia) mit seinen Verführungsversuchen nicht mehr wirklich punkten.

(Foto: Marina Maisel)

"Eine Mittsommernachts-Sex-Komödie": Regisseur Andreas Hueck bringt Woody Allens Film auf die Theaterbühne im Bayerischen Hof

Von Barbara Hordych

Schon im Märchen ist der Wald der Ort, in den man hineingeht, um verwandelt aus ihm zurückzukehren. Nicht anders in Woody Allens Film "Eine Sommernachts-Sexkomödie" aus dem Jahr 1982, in der es gleich drei Paare sind, die sich im Wald verirren, während sie das Wochenende auf dem Land verbringen. Zwar will jeder behalten, was er hat, begehrt aber auch gleichzeitig, was ihm oder ihr nicht zusteht. Doch Woody Allen führt alle Beteiligten mitsamt ihren nur notdürftig unter der großbürgerlichen Attitüde verborgenen Begierden vor, inspiriert von William Shakespeares "Ein Sommernachtstraum". Mit einem wesentlichen Unterschied: Was die "Zauberblume" in der Vorlage erlaubt, nämlich das ungestrafte Ausleben erotischer Anziehungen in einer Art Bäumchen-Wechsle-Dich-Spiel, bleibt dem Personal bei Allen verwehrt.

Solcherart blockiert ist etwa der Börsenmakler, Hobbyerfinder und Gastgeber im Landhaus, eine Figur, die sich Allen seinerzeit selbst auf den Leib schrieb. Thorsten Nindel übernimmt in der Inszenierung von Andreas Hueck in der Komödie im Bayerischen Hof den Part des eher trotteligen und darin überaus liebenswerten Andrew, der bei seiner Frau Adrian (schön spröde: Saskia Valencia) mit eher stümperhaften Verführungsversuchen nicht mehr punkten kann, sich stattdessen in Erfindungen flüchtet. "Weil ich keinen Sex mehr hab', kann ich jetzt fliegen", erklärt er dem befreundeten Arzt Matthew, während er mit einem Flugobjekt eine Bruchlandung auf der Bühne hinlegt.

Schon Shakespeare hat vorgegeben, dass alle Männer im Zauberwald sich plötzlich auf eine einzige Frau einschießen. In Allens Stück erhält die Schöne den Namen "Ariel" und ist in Gestalt von Alexandra Kamp ein eher unabsichtlich und damit umso komischerer männerbetörender Luftgeist. Als Ariel als Verlobte von Leopold (Peter Fricke) in der Landidylle auftaucht, wird Andrew von einer vor Jahren verpatzten erotischen Erinnerung heimgesucht, treibt ihn die Vorstellung um, die einst versäumte Gelegenheit nachholen zu müssen. Dummerweise hat auch Maxwell (Maximilian Laprell), eigentlich ein bindungsgebremster Sex-Protz, plötzlich die fixe Idee, Ariel sei genau die Richtige für ihn. Schließlich kann er sie so gut riechen! Mit Übertragungen aus der Naturkunde im Stile von "wir erkennen uns an unseren Düften, im Tierreich wären wir längst verheiratet" umwirbt er Ariel.

Und Ariel? Die ehemalige Klosterschülerin (sowieso ein die Männerphantasien beflügelndes Klischee) hat ganz auf- und abgeklärt beschlossen, den viel älteren Schöngeist Leopold zu heiraten. Peter Fricke gibt wunderbar eitel und penibel den Philosophen, der gerne mit seiner klassischen Bildung prahlt. Doch auch die bewahrt den Geistesprotz nicht vor Altherrenfantasien. Während alle anderen nach seiner Verlobten schmachten, will der scheinbar seriöseste der Herren zum "Junggesellenabschied" partout die jüngste der Damen, die sexy Krankenschwester Dulcy (Claudia Pöckl) verführen (noch so ein hübsches Klischee). Die ist nicht abgeneigt, wird sie doch von ihrem Begleiter Max für Ariel plötzlich vernachlässigt, höchstens noch für einen "routinierten Beischlaf mit anästhesierender Wirkung" in Betracht gezogen.

Während der Wein fließt, tauscht das in feines Creme und Weiß gekleidete Sextett heiße Blicke und vereinbart nächtliche Treffen am Bach, hält der Professor einen absurden Liedvortrag, fällt plötzlich ein Schuss. Als abstraktes Wald-Bühnenbild genügt Intendant und Bühnenbildner Thomas Pekny ein lose von der Decke baumelndes, fein bewegliches Gestänge. Ein Haus sieht man nicht, den Bach schon gar nicht, aber sie sind allgegenwärtig, in der Fantasie sieht man mühelos, wie sich Blätter, Bäume und Blumen bewegen. Ebenso genügt es vollauf, dass Andrews Erfindung nur durch ein großes Lenkrad symbolisiert wird.

Einmal steigt er, der mit so gar nichts protzen kann, mit Ariel in die Lüfte, um sie zu einem geheimen Treffen mit Maxwell zu bringen. Natürlich währt dieser Höhenflug nicht lange, unvermittelt stürzt er mit ihr, wie so sollte es bei Allenscher Ironie auch anders sein, in den Bach. Die Schauspieler, allen voran Peter Fricke als Leopold und Thorsten Nindel als Andrew, haben Spaß an ihren herrlich skurrilen Figuren. Puck, der Shakespearsche Waldgeist, erscheint in der mit feinem Gespür für die Absurditäten der erotischen Verwirrung inszenierten Komödie in der Gestalt des Musikers Arne Assmann. Der sorgt mit Flöte und Saxofon für eine ätherisch entrückte, zarte Note in diesem so unterhaltsamen wie verrückten Sommernachtszauber.

Eine Mittsommernachts-Sex-Komödie, bis Sonntag, 9. September, Komödie in Bayerischen Hof

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