Theater:Roadtrip mit Hindernissen

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Ein Dustin Hoffman ist der deutsche Schauspieler Richy Müller nicht, aber den Autisten Raymond kriegt er in "Rain Man" auf der kleinen Bühne im Bayerischen Hof ziemlich gut hin. (Foto: Philipp Moenckert)

In der Theateradaption des mit vier Oscars prämierten Films "Rain Man" in der Komödie im Bayerischen Hof spielt Richy Müller den Autisten Raymond, der sieben Millionen Dollar erbt.

Von Anna Stockhammer

Er kommt auf die Bühne, der Mund offen, die Augen zusammengekniffen, der Gang gebeugt und das Publikum applaudiert. Richy Müller spielt in der Komödie "Rain Man" von Dan Gordon den Autisten Raymond Babbitt. Die Geschichte des Stücks in der Komödie im Bayerischen Hof ist die des gleichnamigen US-amerikanischen Kinohits von 1988 mit Dustin Hoffman und Tom Cruise in den Hauptrollen.

Charlie Babbitt, gespielt von Markus Frank, steht mit seiner Autofirma kurz vor der Pleite, mimt aber den erfolgreichen Geschäftsmann. Als sein Vater stirbt, will Charlie das Erbe antreten, doch dann kommt die Ernüchterung: Er erbt ein paar Rosenstöcke und den Oldtimer, sieben Millionen Dollar gehen an einen anonymen Erben. Der stellt sich dann als Charlies Bruder Raymond heraus, von dem er nichts wusste, der Autist ist und in einer Klinik lebt. Charlie, der unbedingt die Hälfte des Geldes will, beschließt, Raymond kurzerhand zu entführen.

Das ganze Vorhaben gestaltet sich allerdings als nicht ganz einfach, Raymond ist ein Autist mit Inselbegabung, sein Gehirn ist hochfunktionell, er vergisst nichts, kann Telefonbücher bis zur Hälfte über Nacht auswendig lernen und weiß, wann welches Flugzeug abgestürzt ist und wie viele Tote es gab. Letzteres bringt die Brüder dazu, nur noch mit dem Auto zu fahren statt zu fliegen. Einige sonstige Gewohnheiten von Raymond, ohne die er in Panik verfallen würde, zögern den Roadtrip dann auch noch hinaus. Was auf der großen Kinoleinwand bestens funktioniert - immerhin gewann der Film vier Oscars - klappt im Theater nicht ganz so gut. Die Gags gehen nicht immer auf, die Momente in denen die Schauspieler auf die Lacher im Publikum warten, werden manchmal unbequem. So richtig nimmt einen die Geschichte jedenfalls nicht mit. Klar, einige Szenen sind witzig, flacher Humor kann gut sein. Etwa Raymond, der Charlies vulgäre Sprache übernimmt und die Phrase "Darauf kannst du deinen Arsch verwetten" in monotoner Computerstimme sagt, aber nach dem dritten Mal wird auch das vorhersehbar.

Mindestens die schauspielerische Leistung von Richy Müller sticht im Stück hingegen hervor. Der Schauspieler, bekannt für seine Rolle als Stuttgarter "Tatort"-Kommissar Lothar Lannert, liefert ab. Es ist die beeindruckende Mimik, die über die knappen zwei Stunden, die das Stück dauert, gehalten wird, und die Gestik der Hände, die Müller faszinierend zu den ausgesprochenen Wörtern, bewegt, als ob er sie auf einer Schreibmaschine mit tippt, die das Publikum zu Zwischenapplaus verleiten.

Im Laufe des Stücks nähern sich die beiden ungleichen Geschwister Charlie und Raymond an, was einst Mittel zum Zweck war, ist jetzt ein neu gewonnener Bruder. Abrupt kommt das Ende, es lässt einen eher ratlos zurück - rund ist die Geschichte nicht. Aber offenbar massentauglich: Zum Schluss gibt es jedenfalls begeisterten Applaus.

Rain Man ; bis Sonntag, 28. April, Komödie im Bayerischen Hof, Promenadeplatz 6

© SZ vom 20.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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