Porträt:Klingt wie Giesing

Keglmaier & Öllinger

Musikalisch auf der gleichen Etage: Evi Keglmaier und Johannes Öllinger.

(Foto: Theater im Fraunhofer)

Evi Keglmaier spielt Bratsche und Tuba und ist der Volksmusik eng verbunden. Zu ihren neuen Projekten zählt die Zusammenarbeit mit dem Gitarristen Johannes Öllinger

Von Oliver Hochkeppel

Kaum einer würde wohl in einer netten Altbauwohnung im edleren Teil des Westends einer Eineinhalb-Zimmer-Bude in Giesing nachtrauern. Evi Keglmaier schon: "Wir hatten so eine prima Hausgemeinschaft. Und ich mochte das Viertel rund um die Pilgersheimer Straße." Hätte sie nicht mit ihrem Freund, dem Journalisten und Kabarettisten Thomas Steierer, zusammenziehen wollen, wäre sie wohl noch dort. Keglmaier mag eben das Bodenständige, das Echte, das Lebendige, das nicht in den Showbetrieb abdriftet. Ein Charakter, der sich im Beruf abbildet: Nicht ohne Grund ist die Bratschistin, Tubistin und Sängerin einer der Aktivposten der neuen Volksmusikszene Münchens.

Angesichts ihrer Herkunft kann man das einerseits logisch finden, andererseits auch wieder nicht: Keglmaier stammt aus Landshut, die Eltern waren Musiklehrer, auch die vier älteren Geschwister machen Musik, zum Teil hauptberuflich: "Ich war aber der Nachzügler, deshalb hab' ich mit ihnen zu Hause nicht mehr gespielt." Volksmusik stand ohnehin nicht auf der Familienagenda: "Bei uns wurde vor allem Klassik und Jazz gehört." Immerhin war Keglmaier nach den üblichen Phasen des Zweifelns und Ausprobierens im Teenageralter klar, dass auch sie Musik zum Beruf machen wollte. Schulmusik studierte sie in München, was sie wie viele Musiker mit derselben Ausbildung nicht bereut: "Das war ein echtes Breitbandstudium, man hat von allem etwas mitbekommen." In Richtung Lehramt ging es freilich nur bis zum ersten Staatsexamen: "In der Schule wurde mir schnell klar, dass das nichts für mich ist. Ich war dann zu der Zeit auch schon mit den ersten Gruppen unterwegs."

Die erfolgreichste davon waren Zwirbeldirn. 2007 hatten sich Keglmaier, Maria Hafner und Beatrix Klöckner bei den Grazer Geigentagen kennengelernt. Schon im Februar 2008 gewannen sie den ersten Fraunhofer-Volksmusikpreis. Ihr frecher, damals neuartiger Mix aus überlieferter alpenländischer, südosteuropäischer oder mediterraner Volksmusik mit Faschings- und Heurigen-Musik, Moritaten und selbst geschriebenem Humorigen ("Wurst & Poesie"), setzte sich, musikalisch virtuos, weiblich charmant und auch mal herzhaft kabarettistisch vorgetragen, gegen keine Geringeren als die Volksmusik-Poeten Kofelgschroa und Stefan Dettls Wuchtbläser La Brass Banda durch.

Doch während es La Brass Banda in die Charts, in die Olympiahalle und auf Tourneen bis in die USA schafften, und Kofelgschroa heute die Hallen füllen, brauchten Zwirbeldirn drei Jahre, um "Scheibe eins" an den Start zu bringen, immerhin bei Trikont. Vielleicht waren sie zu "klassisch", zu respektvoll und zu kunstsinnig, nahmen die Sache etwas zu genau. Es gibt sie allerdings immer noch, nach einem Besetzungswechsel nun in Mrs. Zwirbl umbenannt, und vielleicht wäre es jetzt richtig losgegangen, wenn nicht aus privaten Gründen schon wieder eine Pause nötig wäre.

2013 war Evi Keglmaier noch einmal beim Fraunhofer Volksmusikpreis dabei, mit der Singermaschin, einem Giesinger Allstar-Quartett mit Simone Lautenschlager vom Niederbayerischen Musikantenstammtisch sowie Josef Parzefall und Florian Burgmayr von Dr. Döblingers geschmackvollem Kasperltheater. Gerade mal ein paar Wochen vorher gegründet und noch nicht eingespielt, wurde man zwar nur Zweiter hinter dem österreichischen Duo Catch-Pop String-Strong, doch Potenzial für die satirisch-musikalische Gaudi wäre da gewesen. Schon wegen der Texte sind die Auftritte aber aufwendig in der Vorbereitung, und alle sind sehr gut mit ihren eigenen Projekten beschäftigt.

Ähnlich sieht es bei der von einem treuen kleinen Publikum sehr verehrten Hochzeitskapelle aus, bei der Keglmaier seit gut fünf Jahren dabei ist: Mit Alex Haas, Mathias Götz, den Gebrüdern Acher und ihr ist das ebenfalls eine echte, in den Jazz lappende All-Star-Besetzung, bei der seit je klar war, dass man nur zu besonderen Gelegenheiten spielen wird. So steckt Evi Keglmaier derzeit ihre Energie ganz in die eigene Sache: Gerade war sie ausgiebig und mit diversen Gästen im Studio, um alles Mögliche aus ihrer Feder einzuspielen und einzusingen. "Es war gar nicht so geplant, aber das hat sich zu einer richtigen Bestandsaufnahme gerundet", sagt sie. Noch ist nicht klar, wo und wann das Ergebnis erscheinen wird, doch kann man viel davon schon am nächsten Samstag hören.

Da spielt Evi Keglmaier im Duo mit dem gerade erst mit dem Bayerischen Kunstförderpreis ausgezeichneten Gitarristen Johannes Öllinger bei den Fraunhofer Volksmusiktagen. "Wir haben uns vor zwei Jahren mal auf einem Fest getroffen. Der Johannes kommt ja eigentlich aus der klassischen und der Neuen Musik. Ich hab' deshalb nicht gedacht, dass da etwas passieren wird. Aber es gab dann einen neuen Anlauf, und wir haben es probiert." Einige seiner Stücke und eben auch etliche von Keglmaier runden sich da zu einer unerhörten Volksmusik-Avantgarde. Sozusagen zu einem Stück Giesing unter den gentrifizierten Musikregionen.

Evi Keglmaier & Johannes Öllinger, Samstag, 20. Januar, 20.30 Uhr, Fraunhofer, Fraunhoferstraße 9

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