Pop:Im Pferdeparadies

Lesezeit: 2 min

Neue Musik von Angela Aux und LeRoy

Von Martin Pfnür, München

Glaubt man Florian Kreier, der unter seinem Songwriter-Alias Angela Aux zuletzt 2016 mit dem wunderbaren Album "Wrap Your Troubles In Dreams" in Erscheinung trat, so war es ein durchaus hinterfotziger Trick, mit dem sein guter Freund Leo Hopfinger alias LeRoy für die Entstehung dieser acht Stücke sorgte. "Leo fragte mich, ob ich nicht mal bei ihm vorbeischauen möchte, um einige meiner Songs und Gedichte mit seinen Soundscapes zu kombinieren", berichtet Kreier, der unter seinem zweiten Alias Heiner Hendrix auch lyrisch aktiv ist. "Also sang ich meist eher improvisierend ins Mikro, während Leo beiläufig an seinen Gerätschaften herumschraubte. Erst als er vorschlug, eine kleine Pause einzulegen, ging mir auf, dass das gar kein Soundcheck war. Wir befanden uns bereits mitten in den Aufnahmen."

Klang und Experiment: Florian Kreier als Angela Aux. (Foto: Sophie Wanninger)

Aufnahmen, die sich über gerade mal zwei Stunden erstreckten, wie Leo Hopfinger erzählt, der als Produzent und Bassist im Gegensatz zum überrumpelten Kreier mit einer klaren Vision in diese Session gestartet war. "Es sollte vor allem schnell gehen, um die Magie des Spontanen so gut wie möglich einzufangen." Ein Riesenspaß, ein großartiger Arbeitsflow seien diese zwei Stunden gewesen, fügt der Kopf der Neo-Folk-Band Das Hobos an. Hört man sich durch die acht Stücke, die Hopfingers Vierspurrekorder da für die Ewigkeit bannte, und die kürzlich über sein Münchner Stammlabel Schamoni Musik veröffentlicht wurden, nimmt man ihm das gerne ab. Es ist die Tradition der Lo-Fi-Musik, die im amerikanischen Indie-Underground auch durch Musiker wie Beck (in seiner Frühphase) oder die melodieverliebten Indie-Rocker Pavement zum Blühen gebracht wurde, und deren ungeschliffener, im besten Sinne authentischer Demo-Charme auch hier im Unfertigen, Windschiefen, geisterhaft Verwaschenen, gerne auch Improvisierten liegt.

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Was allerdings nicht heißen soll, dass man es bei "Grain In Vain" mit mal eben so hingeschluderten Stücken zu tun hätte. Dafür liegt dann doch viel zu viel Liebe zum Detail in diesen Songs, deren Bandbreite sich von schrammeligen Blues-Miniaturen über gespenstisch klackernde Neo-Psychedelia und smoothe Tropicana-Meditationen bis hin zu frei im ätherischen Klangraum schwebenden Spoken-Word-Experimenten erstreckt.

Wo sich die digital-analogen Arrangements zwischen dengelnder akustischer Gitarre und verspielten elektronischen 8-Bit-Sounds bei allem Minimalismus als clever ausgetüftelt erweisen, lassen die beiden ihrem Impro-Schalk vor allem auf textlicher Ebene freien Lauf. Urkomisch ist das, wenn Kreier als Blueser mit Heliumstimme und beißendem Zynismus im "Arbeitstitel" in die Rolle eines destruktiven Langzeitarbeitslosen schlüpft, während er in "Outside Amore" die Restaurantbestellung "Una fanta naranja por favor / y patatas bravas para mi" zu entspannenden Bossa-Klängen zum poetischen Mantra erhebt oder im finalen "Pferdeparadies" eine komplett irre Zwiesprache mit einem sterbenden Pferd hält, dem er emphatisch murmelnd die zahlreichen Vorzüge des Pferdeparadieses auseinandersetzt.

Möchte man diese Musik übrigens als Tonträger erwerben, so sollte man erst mal sein Kassettendeck respektive seinen Walkman entstauben und dann schnell zugreifen. Veröffentlicht wird dieser ebenso hörenswerte wie witzige Lo-Fi-Trip nämlich standesgemäß im fast schon ausgestorbenem Kassettenformat - limitiert auf hundert Stück. Bestellungen werden unter mailorder@schamoni-film.de entgegengenommen.

© SZ vom 16.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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