Plattenkabinett:Wie The Cure mit Pfeffer im Hintern

Lonely the Brave

Lonely the Brave, britische Band aus Cambridge.

(Foto: Sony Music)

Frisch gegründet und schon frühvollendet: Mit der Musik von "Lonely The Brave" lassen sich Open-Air-Festivals in Wallung bringen. Neue Alben im Plattenkabinett.

Von Bernd Graff

Wenn man den Gothic-Briten von The Cure ein wenig Pfeffer in den Hintern streuen würde, der dänischen Band Volbeat aber einen Schalldämpfer überstülpen würde, dann, ja dann wäre man ziemlich exakt bei der Music von Lonely the Brave, einer britischen Formation aus Cambridge, die sich erst im vergangenen Jahr gegründet hat.

Wer Volbeat nicht kennt: Das ist jene Heavy-Metal-Band, die unverkennbar (und unverhohlen) Anleihen beim Urvater Elvis macht, das aber zeitgemäß rasant (und laut) einspielt - mit einer äußerst tiefgründigen Stimme. Noch einen Tick melodiöser (und tiefgründiger) ist Lonely The Brave, deren erstes Album "The Day's War" gerade erschienen ist. Eine Art Shoegaze-Postgetöse, gebremster Hardcore und kaum verhaltene tonale Emo-Melancholie - die beste Musik also, um Open Air Festivals in Wallung zu bringen.

Das Intro dieses Erstlings verrät allenfalls, dass die es ernst meinen mit dem guten alten Rock'n'Roll. Doch schon bei "Trick of the Light" geht die Post ab. Damit bringt das Quartett um Sänger David Jakes den Blutdruck hoch. Beim Titel gebenden Stück wird es dann Zeit für die gezückten Feuerzeuge. Das ist beste Trauerfreude. "The Blue, The Green" schlägt - wie auch "Call of Horses" - in dieselbe Kerbe, bringt aber Jakes bemerkenswerte Stimme noch besser zur Geltung. Stück 14 ist ein Outro - und ein Versprechen dieser frühvollendeten Band, dass da bestimmt noch weitere Alben kommen werden.

Wenn man mit dieser Band verreisen würde, dann nach Graceland.

Wenn diese Band ein Studienfach wäre, dann Romanistik.

Wenn diese Band ein Getränk wäre, dann Gin Tonic.

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"The Fire Inside" von Luke Sital-Singh

Noch ein wunderbares, schlichtweg erstaunliches Debüt-Album: Der ebenfalls frühvollendete Brite Luke Sital-Singh ist vor ein paar Wochen mit seinem Debüt "The Fire Inside" aufgetaucht. Aufgetaucht aus einer musikalischen Leerstelle, von der man erst mit seinem Auftauchen merkte, dass sie da war und dass man sie vermissen würde, wenn er wieder verschwände. Diese Musik, die Stimme des Songwriters mag man richtig gerne hören. Es geht leidenschaftlich folkig zu, behutsam rockig und dann wieder ordentlich rhythmisch wie bei Neil Young, aber auch abgründig wie bei Jeff Buckley.

Da braucht man nur einmal in den Albumersten "Nothing Stays The Same" reinzuhören. Iain Archer, der auch Snow Patrol betreut, hat diesen Erstling produziert. Kein Wunder also, dass er sofort auf der Newcomerliste "BBC Sound 2014" auftauchte. Der Rolling Stone bescheinigt dem 26-Jährigen eine "Eindringlichkeit und Intimität, wie man sie nicht oft hört". Das Video zu seiner Single "Fail For You" ist bei Youtube zu finden. Es zeigt einen Barden bei Sonnenaufgang, ja: Das ist das Bild, das passt. Es ist sein Bild.

Wenn man mit dieser Band verreisen würde, dann Richtung Sonnenaufgang.

Wenn diese Band ein Studienfach wäre, dann Amerikanistik.

Wenn diese Band ein Getränk wäre, dann roter Wein.

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"Concrete Love" von The Courteeners

The Courteeners nennt sich eine Formation aus Manchester, die 2006 gegründet wurde. Alle Bandmitglieder kennen sich seit Milchzahntagen. Ihr erstes Album veröffentlichten sie 2008, es schoss gleich auf Platz vier der UK-Charts. Aber Courteeners sind keine Albumband, sie sind eine klassische Live-Festival-Band, die gute Laune und melodische Songs, aber auch Musik mit Schmackes und Folkelementen nicht scheut. Das gerade erschienene Album "Concrete Love" ist das vierte, das Stück "What took you so long?" wurde schon von Morissey nachgespielt, der den jungen Menschen bei der Gelegenheit auch eine große Zukunft in den USA prophezeite. "Ich denke, man wird früher oder später sowieso auf sie stoßen", raunte er.

Das Album "Concrete Love" ist eigentlich zwei Alben, eines "Concrete", das andere "Love". Denn zu den ordentlichen Studio-Songs, die hier vorliegen, kommen Live-Versionen aus ihrem Repertoire, die erstens die Freude belegen, die diese Band ihrem Publikum macht, und zweitens eindrucksvoll beweisen, wie bekannt The Courteeners mittlerweile sind: Alle Lieder werden lautstark mitgesungen. Insgesamt starten sie hier also mit 34 Songs bei einer Spielzeit von zwei Stunden und 25 Minuten durch. Das reicht: für gute Laune und einen sauberen ersten Eindruck.

Wenn man mit dieser Band verreisen würde, dann auf die Isle of Wight.

Wenn diese Band ein Studienfach wäre, dann Creative Writing.

Wenn diese Band ein Getränk wäre, dann Rotkäppchensekt.

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