Oper:Glück mit Gluck

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Die Internationalen Festspiele zu Ehren des berühmten Oberpfälzer Komponisten bieten ein ambitioniertes Programm - zum Beispiel "Antigono" in Bayreuth

Von Klaus Kalchschmid

Die minutiös gemalte, immer wieder anders beleuchtete pompöse Scheinarchitektur auf der Bühne des frisch restaurierten, ganz aus Holz gebauten Markgräflichen Opernhauses in Bayreuth strahlt trotz der Gebrauchsspuren von Jahrhunderten eine feine, pastellfarben reiche, warme Heiterkeit aus. Diese Bühne bot den glanzvollen Rahmen für ein ambitioniertes Projekt während der alle zwei Jahre stattfindenden Gluck-Festspiele. Denn Christoph Willibald Glucks "Antigono" wurde seit der römischen Uraufführung im Jahr 1756 nicht mehr gespielt und erlebte nun eine aufregende, wenn auch nicht immer in jeder Hinsicht perfekte konzertante Wieder- und deutsche Erstaufführung mit dem Händelfestspielorchester Halle, unter der vital befeuernden Leitung von Michael Hofstetter.

Ein Drittel der Oper stammt aus früheren Werken, vor allem "L'innocenza giustificata", ein Drittel wurde für so gut befunden, dass es in Reformopern wie "Orfeo ed Euridice", "Alceste", "Iphigénie en Tauride" oder "Armide" auftaucht, und die Nr. 13 ("Basta così") könnte gar aus einer Oper Mozarts stammen, der damals gerade geboren war. Schon deshalb ist es verwunderlich, dass sich die Musikwissenschaft bisher wenig differenziert über diese frühe Opera Seria Glucks nach einem Text Metastasios geäußert hat, wie überhaupt sein umfangreiches, vermeintlich allzu konventionelles Musiktheater der Jahre bis "Orfeo ed Euridice" (1762) wenig erforscht und auf Tonträgern nur marginal erfasst ist.

Seit der Veröffentlichung in der Gesamtausgabe (2007) und nach dieser vom BR mitgeschnittenen Aufführung dürfte sich das im Falle des "Antigono" ändern, zumal der Abend mit charismatischen Sängern aufwarten konnte, darunter ein filigran seelenvoll singender und mit hohen Tönen brillierender Sopranist wie der 25-jährige Venezolaner Samuel Marino in der größten und schwersten Partie des Demetrio, aber auch weitere renommierte Countertenöre (Valer Sabadus als Alessandro und Terry Wey), der Tenor Mauro Peter in der Titelpartie sowie Francesca Lombardi Mazzulli (Ismene) und Anna Kasyan. Als Berenice durfte sie nicht nur ein feines Liebesduett mit Demetrio singen, sondern bot auch die große "Ombra-Szene" aus Recitativo accompagnato, Arioso und Arie mit derart verzweifeltem Furor dar, dass sie beinahe über dem Notenpult zusammenbrach, bevor ein Schlusschor sekundenschnell die politisch-erotischen Verwirrungen auflöste.

Bis zum 14. Juli beschreiten die Gluck-Festspiele, die heuer ein Symposium "Hohe Männerstimmen zwischen Gluck und Rock" im Programm hatten, weiter originelle Wege, etwa mit dem "Don Juan Techno Club", einer "elektronischen Tanz-Opern-Nacht" nach Musik des Gluck-Balletts und der Mozart-Oper; unter dem Titel "L'ombra dell'amore" begibt sich die Pocket Opera Nürnberg mit "Orpheus und Eurydike" auf eine Landpartie in die Oberpfälzer Wälder, und zum Abschluss gibt es noch einmal die große Gluck-Operngala der Eröffnung mit Karina Gauvin, Max Emanuel Cencic und Armonia Atenea unter George Petrou, diesmal im Markgräflichen Opernhaus zu Bayreuth.

Internationale Gluck-Opern-Festspiele , bis 14. Juli, Spielorte: Bayreuth, Nürnberg u.a., Programm: www.gluck-festspiele.de

© SZ vom 08.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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