Netflix-Doku "Fyre":"Es ist doch niemand gestorben"

Lesezeit: 2 min

Es sollte ein Festival der Luxusklasse werden, doch es kam anders. (Foto: Netflix)
  • Fyre: The Greatest Party That Never Happened zeichnet die Gründe für das Scheitern eines fehlkalkulierten Luxus-Events nach, das im April 2017 auf den Bahamas hätte stattfinden sollen.
  • Der Unternehmer Billy McFarland plante gemeinsam mit dem Rapper Ja Rule ein exklusives Musikfestival auf einer kleinen karibischen Insel, die früher dem Drogenbaron Pablo Escobar gehört hatte.
  • Als alles vorbei war, regnete es Klagen von enttäuschten Besuchern.

Von Jan Jekal

"Als die Sonne unterging, war es mit dem Zusammenhalt vorbei", sagt der junge Mann. Er beschreibt Szenen eines zivilisatorischen Zusammenbruchs, schildert Verteilungskämpfe, dazu werden Bilder von Zeltstädten und herumirrenden, erschöpften Menschen gezeigt. Es klingt, als habe der junge Mann nur knapp einen Bürgerkrieg überlebt. Tatsächlich berichtet er von seiner Erfahrung als Besucher des Fyre-Festivals, einer spektakulär fehlkalkulierten Großveranstaltung, die im April 2017 auf den Bahamas hätte stattfinden sollen. Was als exklusives Luxus-Event angekündigt wurde, endete fast wie in William Goldings " Herr der Fliegen", wo Jugendliche auf einer einsamen Insel ums Überleben kämpfen. Die Netflix-Dokumentation " Fyre: The Greatest Party That Never Happened" zeichnet die Gründe für das Scheitern des Festivals nach. Es lag wohl vor allem an einem gewissen Billy McFarland.

Es klang ganz fantastisch, als dieser McFarland ankündigte, ein exklusives Musikfestival veranstalten zu wollen, auf einer kleinen karibischen Insel, die früher dem Drogenbaron Pablo Escobar gehört hatte. In einem kleinen Kreis wohlhabender New Yorker galt der Jungunternehmer als Visionär. Niemand ahnte, dass McFarland tatsächlich ein Visionär war, nur eben nicht im positiven Wortsinn, sondern eher die pathologische Variante, ein wahnhafter Narzisst und Hochstapler.

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Mit seinem Kumpel und Geschäftspartner, dem Rapper Ja Rule, der sich selbst als "Hip-Hop-Mogul" bezeichnet, besuchte er die Insel. Sie holten Supermodels und ein Kamerateam dazu und drehten einen Werbefilm. Türkisblaues Wasser, Jetskis, Yachten, Frauen in Bikinis. Es ist ein sehr guter Film geworden. Die Kameraleute blieben noch länger und dokumentierten die weiteren Vorbereitungen. Dieses Videomaterial macht nun einen Großteil des Films aus und es zeigt Männer, die sich wie pubertäre Jungs benehmen und die sich das offenbar seit Jahren leisten können, weil immer andere hinter ihnen aufräumten.

Da aber selbst ihnen bald dämmerte, dass es doch nicht so unkompliziert ist, auf einer Insel ohne Infrastruktur eine mehrtägige Großveranstaltung für einige Tausend Besucher zu organisieren, holten sie sich mehr oder weniger professionelle Eventmanager. Die waren entsetzt. Ein Pilot, der die Gegend gut kannte und deswegen als Berater engagiert wurde, machte den Fehler und wies die Veranstalter darauf hin, dass sie auch mal darüber nachdenken sollten, wie das so mit sanitären Anlagen sein würde. "Man muss auch an Klos denken, nicht nur an Models", sagte er, fünf Sekunden, bevor er gefeuert wurde.

"Es ist doch niemand gestorben", sagte Ja Rule, als alles vorbei war und es Klagen von enttäuschten Besuchern regnete. Man müsse nun positiv denken. Billy McFarland hat noch knapp sechs Jahre Gefängnis vor sich.

Fyre, bei Netflix

© SZ vom 29.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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