"Mortal Engines" im Kino:Mobile Monstermetropolen

  • "Mortal Engines" basiert auf dem ersten Teil von Philip Reeves vierteiliger Fantasy-Jugendbuchreihe "Predator Cities".
  • Die Prämisse: In einer Zukunft ohne Rohstoffe suchen mobile Städte auf riesigen Rädern und Raupenketten nach letzten Ressourcen.
  • Regie führte mit Christian Rivers der langjährige Special-Effects-Spezialist von Peter Jackson.

Von Martina Knoben

Ausgerechnet nach Osten, durchs ausgetrocknete Bett des Ärmelkanals in Richtung Kontinent, hat sich die Raubstadt London auf den Weg gemacht. Ein Fehler, wie der Bürgermeister der rollenden Metropole feststellen wird: "Wir hätten niemals nach Europa kommen sollen!" - ein klares Bekenntnis zum Brexit.

Die Verhältnisse sind in Bewegung geraten in der Zukunft, von der "Mortal Engines" erzählt, damit ist allerdings nicht der Brexit gemeint. Mobilität ist das oberste Gebot, seit im verheerenden Sechzig-Minuten-Krieg die Erde zerstört wurde. Die verbliebenen Städte wurden auf riesige Räder und Raupenketten verlegt und fahren auf der Suche nach letzten Ressourcen über Land. Begehrt sind Rohstoffe; wertvoller ist nur "Old Tech", Überreste der früheren Zivilisation. Im Ringen darum wurden die Städte zu Raubtieren, die einander jagen. Als Monstercity taucht London in Europa auf, verfolgt ein bayerisches Städtchen, um es am Ende zu verschlingen.

Rollende Raubstädte also - die Prämisse von Philip Reeves Fantasy-Jugendbüchern ist so hanebüchen wie faszinierend. Hanebüchen schon deshalb, weil motorisierte Städte so viel Energie verbrauchen würden, dass sie in einer Welt ohne Rohstoffe keinen Meter vorankämen. Aber wer fragt danach, wenn etwas so überwältigend aussieht! Dass sich der "Herr der Ringe"-Macher Peter Jackson den Stoff geschnappt hat, verwundert jedenfalls nicht. Er selbst produzierte den Film und schrieb das Drehbuch, zusammen mit seiner Frau Fran Walsh und Philippa Boyens. Die Regie hat er seinem langjährigen Special-Effects-Spezialisten Christian Rivers anvertraut. Und der zeigt, was er am besten kann.

Man muss sich "Mortal Engines" wie eine der rumpelnden Städte vorstellen, von denen er erzählt. "Star Wars", Steampunk, "Terminator", griechische Mythen ... alles mögliche scheint er verschlungen zu haben, um nun als gewaltig dröhnendes Ungetüm am Kinohorizont aufzutauchen. Die Ausstattung und die visuellen Effekte sind luxuriös. Faszinierend sind vor allem die Städte selbst, mit ihren zahllosen Stockwerken, die eine hierarchische Gesellschaftsordnung spiegeln, die sich zudem blitzschnell "jagdbereit" machen können, indem etwa die Stände eines Wochenmarktes eingeklappt werden.

Originell ist auch der Einfall, dass ausgerechnet Historiker die Welt der Zukunft bestimmen, weil sie es sind, die die wertvollen technischen Artefakte der "Damaligen" verstehen. Thaddeus Valentine, Chef-Archäologe Londons (Hugo Weaving), hat eine Entdeckung gemacht und strebt nun nach der Weltherrschaft. Und wie es sich für Teenager-Fantasy gehört, geht es auch in "Mortal Engines" darum, dass gerade mal geschlechtsreife junge Menschen die Erde vor solchen Finsterlingen schützen müssen und sich dabei ineinander verlieben. Tom (Robert Sheehan) ist ein behütet aufgewachsener Londoner, der als Waise zur Historiker-Gilde kam. Ein Nerd, der alles weiß über "Old Tech". Hester Shaw (Hera Hilmar) ist das Gegenteil: eine Rebellin, die als Kind ihre Mutter bei einem Kampf verloren hat, bei dem sie selbst entstellt wurde. Ihr einziges Ziel ist Rache. Was die Geschlechterrollen betrifft, ist der Film auf der Höhe der Zeit, wozu leider auch gehört, dass sich der Nerd am Ende noch als richtiger Mann erweisen muss, wozu er übrigens eine Pilotenjacke anzieht.

Eine Geschichte vom Reißbrett also, mit zum Teil gruselig hölzernen Dialogen. Die beiden Hauptdarsteller, vor allem die Isländerin Hera Hilmar, können ihr ein wenig Leben einhauchen. Gegen das Spektakel rollender Städte, diverser Luft- und Schwertkämpfe, schließlich dem Einsatz der ultimativen Vernichtungswaffe aber kommen sie nicht an.

Mortal Engines, Neuseeland, USA 2018 - Regie: Christian Rivers. Buch: Fran Walsh, Philippa Boyens, Peter Jackson. Mit: Hera Hilmar, Robert Sheehan, Jihae. Verleih: Universal, 129 Minuten.

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