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Kunstmarkt: Erst das Tamtam, dann der Rekordpreis: Kürzlich fiel in New York der Hammer für einen Modigliani bei 157 159 000 Dollar.

Erst das Tamtam, dann der Rekordpreis: Kürzlich fiel in New York der Hammer für einen Modigliani bei 157 159 000 Dollar.

(Foto: Sotheby's)

Die Auktionssaison ist im vollen Gange und voller Fachchinesisch. Unser Glossar klärt die wichtigsten Begriffe.

Von Astrid Mania

Die New Yorker Auktionssaison begann dieses Jahr schon eine Woche früher, mit der groß gehypten Versteigerung der Rockefeller-Sammlung. In den letzten Tagen folgten dann die regulären Auktionen für Impressionismus, Moderne und Zeitgenossen. An die Rekorde, die es natürlich auch diesmal wieder gab, hat man sich gewöhnt. Doch auch viele Beobachter des Kunstmarkts kennen nicht alle Begriffe, die in den Erfolgsmeldungen immer wieder fallen. Wir erklären einige davon in diesem kleinen Glossar.

Primary / Secondary Market

Man könnte es auch auf Deutsch sagen, doch die englischen Begriffe haben sich eingebürgert. Auf dem Primärmarkt wird Kunst gehandelt, die direkt aus dem Atelier stammt, also entweder vom Künstler oder über den Umweg einer Galerie an den Sammler verkauft wird. Der Sekundärmarkt ist die Domäne für alles, was bereits einen Besitzer hat: Dies betrifft Geschäfte unter Privatleuten, mit Galerien als Vermittlerinnen oder das Auktionswesen.

Stockholm

Ja, in Stockholm und nicht in New York oder London steht das älteste Auktionshaus, das auch heute noch als solches firmiert. Es wurde 1674 gegründet, Sotheby's erst Jahrzehnte später, 1744 in London. 22 Jahre später kam der bis heute große Konkurrent Christie's dazu. Sotheby's wurde von einem gewissen Samuel Baker gegründet, der Buchhändler war. Sein Metier war anfangs auch das von Sotheby's, erst nach dem Tod Bakers kamen Drucke, Münzen und Antiquitäten hinzu. Heute sind es vor allem die Werke der Klassischen Moderne sowie der Zeitgenossen, die den größten Umsatz und die Rekordpreise machen.

Gebühren und Preise

Wie verdient ein Auktionshaus sein Geld? Indem es sich seine Vermittlungsfunktion und Expertise bezahlen lässt. Und zwar vom Einlieferer, der ein Werk veräußern will, und vom Käufer. Der Einlieferer zahlt in der Regel im Falle eines Verkaufs eine Kommission, deren Höhe variiert, der erfolgreiche Bieter den sogenannten Buyer's Premium, die Käuferprovision. Dieser Betrag variiert je nach Auktionshaus, Land und Auktion, meistens sind es aber mindestens zehn Prozent. Er wird auf den eigentlichen Preis, den Hammer- oder auch Zuschlagpreis, aufgeschlagen. Das Ergebnis, das am Ende stolz an die Presse gegeben wird, ist die Summe von Hammerpreis und Käuferprovision - daher die krummen Beträge. Bei ihren Erfolgsgeschichten helfen die Auktionshäuser übrigens immer ein bisschen nach: Im Schätzpreis ist die Provision nicht enthalten, im Endergebnis aber schon. Das lässt beim Vergleich der beiden jeden Verkauf besser aussehen.

Schätzpreis / Taxe

Jedes Los, also jedes zu versteigernde Objekt, wird mit einem Schätzpreis versehen. Die Taxe ist eine Preisspanne, für die eine Unter- und eine Obergrenze benannt werden. Sie wird vom Versteigerer festgelegt und orientiert sich an vorherigen Auktionsergebnissen, aber auch an Merkmalen wie Zustand, Einzigartigkeit und Herkunft des fraglichen Gegenstands. Eine gute Story hilft auch hier, gerade bei teuren Stücken, den Schätzpreis nach oben zu bewegen. Aber zu hoch darf er auch nicht liegen, denn er soll ja bei der Auktion übertroffen werden. Ideal ist es für ein Auktionshaus, wenn, wie letzte Woche bei der New Yorker Auktion der Sammlung der Rockefellers, das ganz große Kino mit der Kunst gleich mitgeliefert wird.

Irrevocable bid

Die Aufregung war umsonst. Als am Montag nach viel Tamtam Amadeo Modiglianis "Nu couché (sur le côté gauche)" bei Sotheby's New York für 157 159 000 Dollar versteigert wurde, war das Werk bereits verkauft. Der Modigliani war mit einem irrevocable bid auf den Markt gekommen. Ein solches unwiderrufliches, geheimes Gebot garantiert Einlieferer wie Auktionshaus, dass das Kunstwerk in jedem Fall einen Abnehmer findet, nämlich jenen anonym bleibenden Vorab-Bieter. Für alle ein guter Deal: Wird der irrevocable bid nicht überboten, erhält der ominöse Interessent das Werk zum vereinbarten Preis plus Buyer's Premium. Erhält das Werk einen höheren Zuschlag, bekommt der anonyme Bieter einen Anteil an der Differenz zwischen seinem und dem tatsächlichen Höchstgebot.

Garantie

Eine weitere Möglichkeit, Einlieferern gerade hochrangiger Werke die Furcht vor einem niedrigen Ergebnis oder gar einem Nicht-Verkauf zu nehmen, ist die Garantie. Hier garantiert das Auktionshaus, eine bestimmte Summe zu bezahlen, auch wenn die Reserve, also der Mindestpreis, nicht erreicht worden ist. In dem Fall besitzt das Auktionshaus das Werk und muss es doch noch irgendwie losschlagen. Manchmal springen aber auch Dritte ein.

Aufruf

Auch Rufpreis, Limit oder Mindestverkaufspreis genannt: der Betrag, mit dem ein Auktionator die Versteigerung beginnt. Von da aus geht es dann mit zuvor festgelegten Schritten weiter - vorausgesetzt, es kommt überhaupt ein Gebot. Bei manchen Auktionshäusern wird der Aufruf errechnet. Beim Dorotheum ergibt er sich aus dem Mittelwert zwischen der Hälfte des unteren Schätzwertes und dem unteren Schätzwert. Doch so transparent geht es nicht immer zu. Jedenfalls wird kein Los über dem unteren Schätzpreis aufgerufen, es sei denn, jemand hat diesen vorher schon schriftlich überboten. In dieser Region bewegt sich auch die sogenannte Reserve, ein zuvor vereinbarter Mindestpreis zwischen Einlieferer und Auktionshaus. Darunter wird dann nicht verkauft.

Zustandsbericht

Wer erwägt, ein Kunstwerk zu erstehen, es aber nicht bei einer Vorbesichtigung oder anderweitig in Augenschein nehmen kann, verlangt in der Regel nach einem Zustandsbericht. Er dient allen Parteien als Sicherheit. Hier muss stehen, ob etwa die rechte obere Ecke eines Gemäldes einige Kratzspuren aufweist. Oder ob sich auf einer Zeichnung noch Spuren von irgendwelchen Teetassen finden. Oder ob eine Tierskulptur womöglich nur dreibeinig ist. All das kommt vor. So, wie es exakt beschrieben ist, sollte das fragliche Werk dann auch bei seinem Käufer eintreffen.

Provenienz

Guter Name, guter Preis. Denn die Provenienz, also die Herkunft eines Werkes, kann eine gewichtige Rolle spielen. Eine lückenlose Herkunftsgeschichte schafft Vertrauen. Sie hilft, gerade bei bislang unbekannten Werken der Klassischen Moderne, deren Echtheit zu garantieren. Das Werk stammt aus der Sammlung eines russischen Adeligen, der anonym bleiben will und dessen Familie in den Wirren der Revolution samt der Impressionisten nach Moldau geflohen sein soll? Oder aus einer deutschen Privatsammlung, von der noch niemand etwas gehört hat? In solchen Fällen sollte man vorsichtig sein. Umgekehrt kann man sich mit Objekten aus dem einstigen Besitz von Adel und Geldadel einen Abglanz von deren Prestige erkaufen wie bei der Rockefeller-Auktion. Viele wollten eben, so hatte es im Vorfeld David Rockefeller Jr. selbstbewusst formuliert, "a piece of the Rock".

Aus der Ferne

Wenn es mitten in der Nacht klingelt und sich Christie's aus einer Auktion in New York meldet, hilft es, wenn man hellwach ist. Denn bei einer Versteigerung muss man keinesfalls persönlich anwesend sein: Man kann entweder im Vorfeld ein schriftliches Gebot abgeben, was den Vor- wie Nachteil hat, dass es fix ist und man während der Auktion nicht mehr eingreifen kann. Oder man ist am Telefon live dabei, noch dazu anonym. Das geht natürlich auch über das Internet, aber mehr Adrenalin und Erlebnis gibt es natürlich, wenn man der Auktion wenigstens mit den Ohren folgen kann.

Durchfallen

Ist immer blöd. Auch bei einer Auktion. Noch dazu öffentlich. Dann nämlich wurde ein Werk nicht verkauft. Wenn es sich um eine prominente Arbeit handelt, ist sie dadurch für längere Zeit für den Markt "verbrannt". Natürlich wird sich ein Auktionshaus bemühen, ein solches Werk im sogenannten Nachverkauf loszuschlagen oder es möglichen Interessenten direkt anzubieten. Aber das Signal ist fatal, denn so weiß jeder, dass sich Einlieferer und Auktionshaus bei der Taxierung des Werkes buchstäblich verschätzt haben. Oder sich einfach niemand dafür interessiert.

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