Kunstmarkt:Schwer beladen, reich entlohnt

Jedes Jahr stöhnen die Münchner Galerien über den Wettlauf um ein Plätzchen auf der Art Basel. Wer es diesmal geschafft hat

Von Evelyn Vogel

Die Art Basel ist der größte Wettbewerb auf dem Kunstmarkt: Für Galerien, Künstler und Publikum. Jedes Jahr wieder sind alle gleich heiß darauf, hineinzukommen. Fürs Publikum gilt: Wer es geschafft hat, an eine der begehrten VIP-Karten zu kommen, darf an den beiden Preview-Tagen in Gesellschaft von Sammlern, Museumsdirektoren und Kuratoren durch die Hallen flanieren. Wer als Künstler dort groß präsentiert wird, weiß, dass er oder sie was wert ist. Und die Galerien eifern darum, wer auf der "größten Kunstschau der Welt", wie sich die Art Basel gerne nennt, am schnellsten den höchsten Umsatz macht. Auch in diesem Jahr frohlockte die Messe bereits am ersten Abend, hatten doch etliche Aussteller sowohl im Hauptsektor, den "Galleries", wie auch in der vor allem beim Publikum heiß begehrten Sonderschau "Unlimited" zig Millionen umgesetzt - wahlweise in Euro, Dollar oder Schweizer Franken.

Jana Sterbak

Mensch vs Roboter: "Sisyphus Sport" von Jana Sterbak, 1998.

(Foto: Courtesy the artist and Barbara Gross Galerie)

Für die Münchner Galerien, von denen viele Mittelständler sind, die mit den Global Player der Kunstwelt kaum mithalten können, wird es immer schwerer, sich auf internationalen Messen zu behaupten. Doch im Hauptsektor "Galleries" gibt es nach wie vor zwei Münchner Platzhirsche: Rüdiger Schöttle, von dem die Messe schon am zweiten Preview-Tag Verkäufe meldete, unter anderem der bemalte Fotoleuchtkasten "Dead Flowers in My Studio 3" von Rodney Graham. Und Daniel Blau, der seine Koje unter das Motto "Porträt" gestellt hat und unter anderem reichlich Warhol auf Papier zeigt - Serien aus den Fünfzigerjahren- sowie Papier- und Leinwandarbeiten von Georg Baselitz, Jörg Immendorff und A.R.Penck. Auch Sabine Knust ist mit ihrer Galerie seit Jahrzehnten nicht mehr von der Art Basel im Sektor "Edition" wegzudenken. Neben Editionen von verschiedenen Künstlern der Galerie hat sie ein schönes Multiple von Aaron Curry dabei und einen drei mal sieben Meter großen Wandteppich von Paul Morrison, der auf rotem Grund am Eingang gehängt ist und die Koje optisch ungemein weitet. Eine tolle Präsentation.

Stephan Spicher

Eine Papierarbeit von Stefan Spicher.

(Foto: Galerie Ruetz)

Eine Verjüngung hat Direktor Marc Spiegler der Messe dieses Jahr verordnet und auf gleicher Fläche mehr, auch jüngeren Galerien eine Chance geboten - teils zu Lasten der Alteingesessenen. Deshalb ist in diesem Jahr überraschend die Galerie Thomas mit ihrer Klassischen Moderne nicht vertreten. Sie wollte nach ihrer Münchner Klee-Ausstellung eine besondere Klee-Präsentation auf der Art Basel zeigen. Doch man bot ihr einen Stand an, der nur noch die Hälfte der bisherigen Größe haben sollte. Zu wenig für ihr Vorhaben, fand die Galerie und hat "im Einvernehmen mit der Messe" ihre Teilnahme abgesagt. Eine gewagte Entscheidung, wenn man bedenkt, wie begehrt die Kojen sind. 2019 hofft Raimund Thomas, wieder dabei zu sein. In diesem Jahr schlenderte er entspannt durch die Messehallen - eine "ganz andere Erfahrung" wie er sagte.

Flaka Haliti

"Its Urgency got lost in reverse (while being in constant delay) #2" von Flaka Haliti.

(Foto: Justin Meekel)

Dafür haben es aber zwei Galerien aus München neu auf die Art Basel geschafft. Unter den 16 Neuzugängen sind auch Deborah Schamoni und Barbara Gross. Schamoni hat sich seit 2016, als sie auf der "Liste"-Nachwuchsmesse ausgestellt hatte, über den "Feature"-Sektor auf der Art Basel im vergangenen Jahr hochgearbeitet und ist nun im Bereich "Statements" vertreten. Den Regeln dieses Sektors gemäß zeigt sie eine Einzelpräsentation, und zwar eine Installation der 1982 in Pristina geborenen, in München lebenden Künstlerin Flaka Haliti. Sie hat Kosovo 2015 bei der Venedig-Biennale vertreten und nimmt aktuell an Public Art Munich teil. Auch Barbara Gross unterliegt im Sektor "Features" anderen Regeln als im Hauptsektor "Galleries". Hier gilt es nicht, einen Querschnitt durch das eigene Angebot, sondern eine ausgewählte Künstlerposition und zugleich eine Wiederentdeckung vorzustellen. Mit Jana Sterbak hat sie die Bewerbung geschafft. Ihr ist damit erstmals der Sprung nach Basel gelungen. Zwei Galeristinnen mit zwei Künstlerinnen: Basel wird dank München auch ein wenig weiblicher.

Während die "Art" mit ihren 290 Galerien aus 35 Ländern, die Werke von 4000 Künstlern anbieten, unbestritten die Hauptmesse ist und die "Liste" als die Nachwuchsmesse gilt, haben noch einige andere, wenngleich weitaus kleinere Messen zeitgleich in der Stadt ihren Auftritt. Zum dritten Mal schon gibt es die Photo Basel, zum ersten Mal die Paper Positions. Auf der Photo-Messe sind erstmals zwei Galerien aus München dabei: Clair mit Arbeiten von Erich Hartmann, Lee Miller, Philippe Halsman und Thomas Dworzak, mit denen Galeristin Anna-Patricia Kahn den Bogen von der Vintage- zur zeitgenössischen Reportagefotografie schlägt. Ira Stehmann hat zwei Serien des Münchner Fotografen Christopher Thomas in den Mittelpunkt ihrer Präsentation gestellt: "90 Cans" und "Glückseligkeit". Auf der Paper Positions, die nach Berlin und München nun auch in Basel Fuß fassen will, sind fünf Münchner Galerien mit Papierarbeiten vertreten. Querschnitte aus dem Programm zeigen Max Weber Six Friedrich und Kunkel (auch ein Stuck auf Karton ist dabei), streng ausgewählt haben Jordanow, Micheko und Barbara Ruetz. Ihre Auftritte sind überzeugender. Zumal der Ackermannshof als Gegenpol zur großen Messe eine charmante, kleine Location ist, in der weniger mehr ist.

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