Konzertkritik:Soli auf Klangwand

Neil Young begeistert seine Fans in der Olympiahalle

Von Franz Kotteder

Es gibt neue Bands, die klingen nach dem zweiten Album schon nach Rockmuseum, wenn man ihre Konzerte besucht. Und es gibt Altvordere, die sich unentwegt neu erfinden, bei denen kein Konzert wie das andere klingt und bei denen man nach gut zwei Stunden erstaunt feststellt: Da waren ja jede Menge alter Nummern im Programm, und es klang doch alles so, als wäre es grad erfunden worden.

So ein Fall ist der 73-jährige Neil Young. Auf den ersten Blick hat man es bei seinem Konzert in der Olympiahalle mit einem älteren, liebenswerten Zausel zu tun, wie er da so neben der geschnitzten Figur eines Indianerhäuptlings steht, die schütteren halblangen, weißen Haare im Wind des Ventilators, mit einem schwarzen Hut auf dem Kopf. Neben der Bühne hängen zwei Videowände im Retro-Fernsehapparat-Design; Selbstironie ist dem Mann nicht fremd. Die Show beginnt mit "Mr. Soul" - die Nummer, deren Riff an "Satisfaction" von den Rolling Stones erinnert, schrieb Young 1967 für seine damalige Band Buffalo Springfield. Diesmal begleitet ihn Promise of the Real, eine junge Band um Willie Nelsons Söhne Lukas und Micah Nelson.

Es ist förmlich zu spüren, wie sich der Alte und die Jungen gegenseitig pushen und bereichern. Promise of the Real stellen blitzsaubere Klangwände in den Saal, auf denen Neil Young lässig und entspannt seine ebenso vertrackten wie eingängigen Gitarrensoli großflächig ausbreiten kann. Was nicht heißt, dass er die anderen Bandmitglieder nicht auch mal zum Zuge kommen lässt. Aber natürlich: Er beherrscht die Bühne, allein schon durch das prächtige Songmaterial aus mehr als 50 Jahren: von "Harvest Moon" bis "Cortez the Killer" hin zu "Rockin' in the Free World", das die Band wie zum Spott auf die ausgedehnten Abspänne, die Neil Young seinen Stücken live gerne gönnt, gleich dreimal aufhören lässt, bevor wirklich Schluss ist. Schließlich das furiose Finale, "Like a Hurricane", eine Gitarrenorgie vom 1977er Album "American Stars 'n Bars", und die Halle ist glücklich.

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