"Im Netz der Versuchung" im Kino:Fluch der Karibik

Filmstill: Im Netz der Versuchung

Wird er für sie töten? Matthew McConaughey und Anne Hathaway treiben ein böses Spiel im tropischen Paradies.

(Foto: Graham Bartholomew/Universum)

Ein Film wie eine Fata Morgana: Der Inselthriller "Im Netz der Versuchung" mit Matthew McConaughey und Anne Hathaway beschwört ein tot geglaubtes Hollywoodgenre herauf.

Von Tobias Kniebe

Kann es sein, dass alles hier ein wenig unwirklich ist? Das Meer glitzert übertrieben blau, eine Yacht namens "Serenity" schaukelt in der Mittagssonne, ein Vogel am Himmel lässt einen übertrieben klagenden Schrei ertönen, und der Käpt'n im weißen T-Shirt blickt übertrieben bedeutungsvoll zum Horizont. An seiner Hochseeangel, das spürt er genau, wird im nächsten Moment etwas Großes anbeißen.

Aber so muss es wohl sein, wenn man sich, wie Steven Knight in seinem Film "Serenity / Im Netz der Versuchung", in die vergessene Welt des tropischen Inselthrillers hineinbegibt. Es ist ja doch eine Weile her, dass Hemingway sein rumgetränktes Seemannsgarn gesponnen hat, oder Humphrey Bogart 1948 auf "Gangster in Key Largo" traf und dann zum Showdown hinausfahren musste, während Lauren Bacall mit klopfendem Herzen am Pier stand.

Was aber natürlich nichts daran ändert, dass diese tropischen Bilder immer noch eine echte Schau sind. Der glitzernde Horizont, der weite Himmel, dekorativer Schweiß auf gebräunten Körpern, und abends dann das schummrige Licht in der Inselbar, wo der Skipper, gespielt von Matthew McConaughey, bald Besuch aus seiner Vergangenheit bekommt. Karen (Anne Hathaway) ist eine Erscheinung in Blond und Weiß, ihre Stimme ein suggestives Hauchen, und selbst der Diamant an ihrem Finger sendet kleine blaue Blitze aus.

Natürlich weiß Steven Knight, dass er sich hier an der Grenze zur Parodie bewegt. Er ist ein brillanter und viel beschäftigter englischer Drehbuchautor, der sich für seine eigenen Regiearbeiten gern Experimente vornimmt, die das Erwartbare schleichend unterwandern. So auch hier - allerdings mit dem Vorteil, dass er zugleich überlebensgroße Genrefiguren zeichnen und in nostalgischen Bildern des alten Hollywood schwelgen darf. Und er hätte wohl weder Matthew McConaughey noch Anne Hathaway gewonnen, wenn sein Film nicht zusätzlich noch eine komplexere Ebene hätte.

Über die Logik des Finales darf man lieber nicht zu lange nachdenken

Karen, eine Jugendliebe des Skippers, ist nun reich und sehr unglücklich verheiratet, will sagen an ein prügelndes und rachsüchtiges Monster gekettet (Jason Clarke, der derzeit eine fiese Rolle nach der anderen spielt, was auch eine Leistung ist). Sie bittet den Skipper, ihren Ehemann bei der nächsten Angeltour über Bord gehen zu lassen, und bietet zehn Millionen Dollar Belohnung. Sollte das Geld nicht Motivation genug sein, ist da noch das Kind - Karen und der Skipper haben einen gemeinsamen Sohn, der unter seinem neuen Vater offenbar ebenfalls sehr leidet. Ab und zu zeigt der Film diesen Sohn sogar, irgendwo ganz anders, versunken in der Computerspielwelt seines Jugendzimmers. Das sollte einem zu denken geben, wenn es um die Tricks geht, die der Film später noch so im Ärmel hat.

Zugleich mit der Frage, ob er zum Mörder werden soll, muss sich der Skipper nun mit dem zunehmend drängenden Problem auseinandersetzen, was er auf dieser Insel namens Plymouth Island eigentlich macht und wann er überhaupt herkam. Er weiß, dass er im Irakkrieg gekämpft hat und ihm das nicht gut bekommen ist, ansonsten fehlt ihm irgendwie die Erinnerung.

Auf seinen Seekarten ist auch nicht zu erkennen, ob wir uns hier im größeren Kontext der Karibik bewegen oder wo sonst auf der Welt das alles spielen könnte. Das ist merkwürdig für einen Mann, der ja auf dem offenen Ozean navigieren muss. Oder sollte es noch eine ganz andere Instanz geben, die seine Bewegungen lenkt, ohne dass er es wirklich weiß?

Über die Ideen, mit denen Steven Knight am Ende alles auflöst, darf man nach dem Film nicht zu lange nachdenken, sonst löst sich wirklich alles im Unwirklichen auf. Die Welt und die Figuren, die Steven Knight zeichnet, kann man aber trotzdem genießen. Denn am Ende ist ja das Kino, wie eine Fata Morgana, sowieso nur flüchtiges Licht.

Serenity, USA 2019 - Regie und Buch: Steven Knight. Kamera: Jess Hall. Schnitt: Laura Jennings. Musik: Benjamin Wallfisch. Mit: Matthew McConaughey, Anne Hathaway, Diane Lane, Jason Clarke, Djimon Hounsou, Jeremy Strong, Charlotte Butler, David Butler, Rafael Sayegh, Robert Hobbs, Kenneth Folk, Garion Dowds. Verleih: Universum Film, 106 Minuten.

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