Golden Globes: die Gaga-Gala:"Ich mache das eh nicht noch mal"

Bei den Golden Globes triumphieren Meryl Streep, Jeff Bridges und Camerons "Avatar". Und Österreich: mit Christoph Waltz und Michael Haneke.

Christian Kortmann

Wer den britischen Komiker Ricky Gervais zum Gastgeber einer Award-Show macht, der wird sich, wie vor einer großen Party, etwas dabei gedacht haben. Lade ich den Zyniker ein, dann wird der Abend garantiert lustiger - auch wenn danach einige Gäste nie wieder mit mir reden!

Golden Globes, Waltz, Reuters

Überzeugte in seiner Nebenrolle als sadistisch-charmanter SS-Mann in "Inglorious Basterds": der Österreicher Christoph Waltz.

(Foto: Foto: Reuters)

So hatte die von Hollywoods Auslandspresse geladene Gesellschaft einen leichten Bammel oder zumindest Respekt vor dem Ur-Stromberg aus der Serie The Office, wusste doch niemand, was der erste Conferencier seit 15 Jahren auf der Golden-Globe-Gala veranstalten würde. Die pflegt immerhin den Mythos, die beste Filmparty überhaupt zu sein - ein ideales Pflaster zum Party-Crashen also.

Mit offenem Hemd, ohne Krawatte oder Fliege, setzte der 48-jährige Gervais gleich im Eröffnungsmonolog den Standard, als er angesichts der kosmetisch bestens hergerichteten Stars von seiner eigenen Penis-Verkleinerung schwärmte. Und ach, sie, die Stars machten die Menschen so glücklich: Wenn man einem armen asiatischen Kind, das auf der Straße lebt, ein Foto von Angelina Jolie zeige, sage es beglückt: "Mama!"

Er wisse, so Gervais, dass er sich nicht viele solcher Witze erlauben dürfe, sonst würde der ausstrahlende Sender NBC ihn durch Jay Leno ersetzen, was als Anspielung auf den aktuellen Tumult um dessen Sendeplatz zu verstehen war.

Im Video: Golden Globes für Christoph Waltz und Michael Haneke. Weitere Videos finden Sie hier

Rasch ging man zum routinierten Preisaustausch über, mit den üblichen pathetischen Dankes-Abspännen, doch mit recht geringer Tränenquote. Denn meist setzte die Von-der-Bühne-Schmeiß-Musik rechtzeitig ein, und Moderator Gervais schrubbte die Branche wieder mit seinem Zynismus. Offensichtlich war er bestrebt, jeden möglichen Witz über das Filmgeschäft unterzubringen. Da stand er dann mit einem Glas Bier und lästerte über die Zeremonie, als verfolge er sie im Pub im Fernsehen.

Sogar Paul McCartney, der den Preis für den besten Animationsfilm verlieh (Oben), fühlte sich durch die ausgelassene Stimmung zu Sprüchen animiert, die gar nicht zu seiner aktuellen, so un-LSD-artigen Fahrstuhlmusik passen: "Animationsfilme sind nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene, die Drogen nehmen."

Neben dem Gastgeber, der selbst sein bester Gast war, ist die zweite Geschichte dieses Abends die des Mannes, der gekommen war, um abzuholen, was er schon lange verdient hatte. Wie ein hungriger Löwe inmitten des Gazellenrudels saß Jeff Bridges unruhig und breitbeinig mit dem Rücken zum Tisch im Ballsaal des Beverly Hilton Hotels, den Blick zur Bühne gerichtet. Er schien auch physisch den Anspruch zu untermauern, bei der vierten Nominierung endlich seinen Globe mit nach Hause zu nehmen.

In Scott Coopers Crazy Heart spielt er den aufrecht durchs Leben taumelnden Countrymusiker Bad Blake, eine Dude-o-phile Paraderolle für Bridges. Doch der Löwe mit der grauen Mähne musste sich gedulden, bei Award-Shows kommen die fetten Brocken immer erst zum Schluss.

Zunächst betrat unvermittelt Michael Jackson die Bühne, damit war insgeheim zu rechnen gewesen - begleitet wurde er von einem anämischen blonden Engel aus dem Popstarhimmel. Doch nein, bei Jackson handelte es sich in Wirklichkeit um Cher, die von einem schwarzen Vampira-Schnürkleid zusammengehalten wurde. Und der Engel hieß Christina Aguilera, gemeinsam fragten sie nicht unbedingt rhetorisch, warum ausgerechnet sie die Preise für die beste Filmmusik überreichen sollten.

Es gab wirklich viel zu tun bei diesen 67. Golden Globes, die zugleich eine Spenden-Gala waren. Man appellierte ans Publikum, für die Erdbebenopfer in Haiti Geld zu geben. George Clooney, mit friedensnobelpreiskompatiblem Vollbart in Grau, hat für diese Woche einen ausgewachsenen Benefiztelefonmarathon organisiert.

Meryl Streep war gleich zwei Mal als beste Komödiantin nominiert, für It's Complicated und Julie & Julia, mit dem sie gewann. Sie liebäugelte mit der Idee, den Vornamen T-Bone des Musikers T-Bone Burnett anzunehmen: "T-Bone Streep, das gefällt mir." James "Box Office" Cameron gewann für Avatar die Preise für den besten Film und die beste Regie.

Auch Österreich hatte einen großen Abend: Christoph Waltz wurde für seine Rolle des Nazis Hans Landa in Quentin Tarantinos Inglourious Basterds ausgezeichnet, und Michael Haneke (ausgerufen als "Mai-kel Hä-nek-ki") holte mit Das weiße Band den Globe für den besten fremdsprachigen Film. Hä-nek-ki bedankte sich in einem charmanten österreichischen Englisch, das man so in Hollywood zuletzt von Billy Wilder gehört hat, bei seinem Team: "We are working since 20 years together."

Streep, Cameron, Waltz, Haneke, das sind die großen Meldungen der Nacht. Doch für noch mehr Freude sorgen vielleicht die kleinen Überraschungen: dass nämlich mit Drew Barrymore und Kevin Bacon zwei Jugendfilmveteranen der 1980er Jahre einen Preis für aktuelle TV-Produktionen bekommen haben, mit denen sie wohl nicht mehr gerechnet hatten: "Ich sitze jedes Jahr in diesem Saal, seit ich sieben Jahre alt bin", sagte Barrymore.

Ungeachtet solcher Sentimentalitäten kokettierte Conferencier Gervais mit seiner Egal-Haltung. Seine Bemerkung sorgte für Raunen im Saal wonach man einen Golden Globe nicht kaufen könne - anders als seine DVDs, die er nonchalant unter dem Moderationspult hervorzauberte und in die Kamera hielt. Dann fügte er hinzu: "Ich mache das eh nicht noch mal."

Leider konnte sein Spott den Abend nicht verkürzen: Drei Stunden Golden Globes sind mindestens eine zu viel. Besonders zäh geriet die Lebenswerklobhudelei für Martin Scorsese. "Anfangs haben wir gemeinsam Filme gemacht", gab Laudator Robert De Niro zu bedenken, "die letzten zehn Jahre verbringen wir damit, uns gegenseitig Preise zu überreichen."

Endlich wurde der Partygast mit dem größten Hunger bedient. Eben noch hatte Geisterbahncowboy Mickey Rourke den Preis für die beste Drama-Darstellerin an Sandra Bullock (The Blind Side) überreicht, dann war endlich die Zeit von Jeff Bridges gekommen. Fordernd wie ein Stürmer, der unbedingt eingewechselt werden will, um sein Tor zu machen, saß er da, immer noch mit dem Rücken zum Tisch. Dann wurde tatsächlich sein Name aufgerufen, alles andere wäre ein Drama gewesen, wahrscheinlich säße Bridges immer noch dort.

Die Anwesenden bezeugten ihm die Anerkennung mit Standing Ovations. Im schwarzen Anzug stand Jeff Bridges auf der Bühne und ließ sich feiern, die linke Hand lässig in der Hosentasche, in der rechten Hand der verdiente fette Goldknochen.

Guten Appetit! Danach wird der Löwe besser schlafen.

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