Festival:Beschwingte Schwergewichte

Festival: Zum ersten Mal beim Münchner Jazz Sommer: der Amerikaner Joey DeFrancesco.

Zum ersten Mal beim Münchner Jazz Sommer: der Amerikaner Joey DeFrancesco.

(Foto: Michael Woodall)

Der "28. Jazz Sommer" holt Szene-Größen wie China Moses, Gilberto Gil, Camille Bertault oder Joey DeFrancesco aus den USA, Frankreich und Brasilien in den Bayerischen Hof

Von Oliver Hochkeppel

Die meisten Jazzfestivals suchen mittlerweile hippe Titel oder Mottos für ihr Programm. Das Hotel Bayerischer Hof ruft einfach seinen "28. Jazz Sommer" aus. Dabei hätte Nightclub-Programmchefin Katarina Ehmki, die seit 2014 auch das Line-up des Jazz Sommers für die Jazz-begeisterte Hotelchefin Innegrit Volkhardt zusammenbastelt, diesmal problemlos einen nehmen können, so auffällig sind die Schwerpunkte des Konzertreigens, der schon von den Namen her höchst interessant zu werden verspricht. "Große Stimmen und furiose Pianisten" wäre zum Beispiel gut gegangen, oder auch: "Von Rio über Paris bis New York".

Brasilien ist heuer gewissermaßen die Klammer. Los geht es mit Gilberto Gil, dem Freund und Weggefährten des vor wenigen Tagen hier gastierenden Caetano Veloso. Gil, der 76 Jahre alte Sänger, Gitarrist, ehemalige Kulturminister und Miterfinder des Tropicalismo aus Salvador de Bahia, ist fast ebenso lange nicht mehr hier gewesen. Jetzt präsentiert er unter dem Titel "Ok Ok Ok" seine tropische Fusion von Samba, Choro, Rock, Weltmusik und Jazz mit einer zehnköpfigen Band aus Familienmitgliedern und Freunden. Sechs Tage später beschließt Ivan Lins das Festival, eine andere herausragende Figur der brasilianischen Musik.

Wie immer - und anders als viele junge europäische Festivals - hält der Jazz Sommer aber auch dem Mutterland des Jazz die Treue. Schon am Eröffnungsabend liefern Moshulu den passenden Kontrast zu Gilberto Gil. Das Quartett mit dem E-Bassistes Jeff Berlin, dem Schlagzeuger Dennis Chambers, dem Keyboarder David Sancious und dem Gitarristen Oz Noy wirbelt diverse Stilelemente zu typisch New Yorker Hochdruck-Jazz zusammen. Hochdruck, wenn auch traditioneller groovend, liefert am 23. Juli sicher auch Joey DeFrancesco mit seinem Trio ab, jenes vielfach preisgekrönte Schwergewicht an der Hammond-Orgel. Und mal nicht im angestammten Trio oder mit einer Supergroup, sondern solo tritt der amerikanische Tasten-Generalist John Medeski an (25. Juli).

Zuvor geht es freilich nach Paris, mit dem vielversprechenden Newcomer, wie ihn der Jazz Sommer auch jedes Jahr präsentiert: Die Sängerin Camille Bertault stellt ihr aufsehenerregendes Album "Pas de géant" vor (24. Juli). Da macht sie in einem ganz eigenen Stil und mit atemberaubenden Wechseln nicht nur aus Coltranes namensgebenden "Giant Steps" einen Song, sondern auch aus Instrumentalstücken von Bill Evans oder Wayne Shorter. Singt Eigenes und verjazzt Chansons von Serge Gainsbourg oder Michel Legrand. Die Brücke zwischen USA und Frankreich schlägt kurz vor Schluss China Moses, die auch bei uns wohlbekannte große Entertainerin des Jazzgesangs (26. Juli).

Zur Tradition des Jazz Sommers gehört auch das Rahmenprogramm mit Vorfeier, Austellung und Filmen. Diesmal präsentiert der Maler Milan Mihajlovic seine Werke im Atrium. In der Astor Cinema Lounge laufen ausgewählte Musikfilme. Und schon am Sonntag macht der aktuelle "Kurt Maas Jazz Award"-Gewinner Gero Hansel mit seinem Münchner Sextett als Festival-Vorbote Lust auf mehr.

Jazz Sommer, Mo. bis Sa., 22. bis 27. Juli, Hotel Bayerischer Hof, Promenadeplatz 2

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