Ausstellung:Reise ins Innere des Menschen

"Bodyscan" gibt faszinierende anatomische Einblicke

Von Evelyn Vogel

Hier hat die Zukunft schon begonnen. Von äußeren Schichten wie Haut, Sehnen und Muskeln befreit, liegen Skelett und Blutgefäße bis in die feinsten Verästelungen hinein offen da. Von allen Seiten blickt man auf Organe, taucht ein in ein Gebilde, das sich wie eine Blüte verändert und landet - mitten im Gehirn. Farbig und in 3 D! Cinematic Rendering heißt das Verfahren, das aus für den Laien oft kaum verständlichen Schichtbilddaten von CT und MRT eine hyperrealistische filmische Darstellung macht. Eine echte Reise ins Innere des Menschen, die aufregender ist als alle künstlichen Science-Fiction-Utopien es je sein könnten. Die Entwickler des Cinematic Rendering, Engel, Schneider und Fellner, wurden 2017 mit dem Deutschen Zukunftspreis ausgezeichnet.

Es ist einer der Höhepunkte in der an interessanten Objekten reichen Ausstellung "Bodyscan" in der Eres-Stiftung. Selten hat sich ein Thema so perfekt für den Stiftungsauftrag - die Verbindung von Kunst und Wissenschaft - geeignet wie dieses. Es geht um die menschliche Anatomie und ihre dokumentarische Darstellung durch Künstler über mehrere Jahrhunderte hinweg sowie zeitgenössische künstlerische Auseinandersetzungen mit dem Thema. Wobei die Darstellung auch immer ein Abbild technischer Möglichkeiten ist. Der Bogen reicht von anatomischen Lehrmodellen, Atlanten und Büchern wie einem Faksimile des Buches "De Humani Corporis Fabrica" von Andreas Vesalius aus dem Jahr 1555, dessen Holzschnittillustrationen aus der Werkstatt Tizians stammen, bis hin zu eben jenem Cinematic Rendering, einer VR-Visualisierung und einer Videoanimation von Schnittbildern. Dazwischen finden sich herrliche Kunst- und Wunderkammerobjekte aus der Renaissance und dem Barock, wie ein aus Elfenbein geschnitztes anatomisches Modell einer schwangeren Frau und dem eines Mannes von 1680 aus Nürnberg von Stephan Zick. Georg Laue als einer der Kuratoren der Ausstellung hat diese und viele andere aus verschiedenen Privatsammlungen beschafft. Da sind Science-Fiction-Filme wie "Fantastic Voyage" von Richard Fleischer von 1966 und "Ghost in the Shell" von Rupert Sanders von 2017 sowie Experimentalfilme wie "The Act of Seeing With One's Own Eyes" von Stan Brakhage von 1971, der den Künstler und Berater der Ausstellung Peter Kogler einst nachhaltig beeindruckt hat.

Die Reihe der künstlerischen Positionen, die in der Römerstraße gezeigt werden, ist ebenfalls beeindruckend. Von Gerhard Richter eine Schädel-Darstellung, von Meret Oppenheim die eigene Röntgenaufnahme und von Kiki Smith die Farbradierung der eigenen Darmschlingen. Paul McCarthy goss Penis und Vagina in Silikon, Richard Avedon stellte Andy Warhols Schussverletzungen im Magazin Egoïste aus, Thomas Struth arrangierte eine Moulage-Sammlung aus der Charité zu einem fotografischen Stillleben und Jeff Wall inszenierte seinen Assistenten als zeichnenden Künstler in einem Anatomielabor. Unübersehbar die Haut-Aufnahmen von Seth Price (ähnlich denen, die vor Monaten im Museum Brandhorst zu sehen waren). Und nicht übersehen sollte man die Baldessari-"Eyebrow" über dem Durchgang - eine andere wird am Wochenende bei der Pin-Auktion versteigert.

Bodyscan, Anatomie in Kunst und Wissenschaft, Eres-Stiftung, Römerstr. 15, bis 2. März, Di./Mi./Sa. 11-17 Uhr; alles zum Wissenschaftsprogramm "The Next Human" unter www.eres-stiftung.de

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