Süddeutsche Zeitung

100. Todestag:Die Villa ist weg

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Murnauer erinnern an den Architekten Emanuel von Seidl

Von Sabine Reithmaier, Murnau

Emanuel von Seidl kam 1898 zum ersten Mal nach Murnau. Seine Schwester Therese, verheiratet mit dem Landschaftsmaler Konrad Reinherz, besaß dort seit sieben Jahren eine Sommervilla am Kapferberg. Seidl, längst erfolgreicher Architekt, war begeistert und baute sich 1901 in Murnau ein eigenes Landhaus.

Die Villa steht schon lange nicht mehr. Denkmalgeschützt wurde sie 1972 abgerissen; auch der früher riesige Seidlpark, ursprünglich angelegt im Stil eines englischen Landschaftsgartens, ist nur mehr rudimentär vorhanden. Das Haus seiner Schwester dagegen, die Villa Reinherz, hat überlebt. Sie gehört seit 2012 der Münchner Antonie-Zauner-Stiftung, die eine Vielzahl von sozialen Projekten fördert, sich aber auch für Kunst und Kultur zuständig fühlt. Nach einer aufwendigen Renovierung nutzt sie die Villa nun als Gästehaus.

Wolfgang Kastl, der Vorsitzende der Stiftung, zählt zu den Menschen, die das 100. Todesjahr von Emanuel Seidl heuer dazu nutzen wollen, den Architekten wieder stärker ins kulturelle Gedächtnis zurückzurufen. Er ist nicht der einzige. Auch der Förderkreis Murnauer Parklandschaft und ihr Ehrenvorsitzender, der Dokumentarfilmer Dieter Wieland, mühen sich seit Jahren um die Rekonstruktion des Seidlparks. Inzwischen ist es ihnen gelungen, Seidls ehemaligen Eiskeller zu restaurieren. Und das 100. Todesjahr bot den Anlass, das Gloriettl, das Badehaus direkt am Weiher im Park, zu rekonstruieren.

Wolfgang Kastl wiederum regte die Künstler Ugo Dossi und Franziska Wolff an, sich mit Seidls Schaffen auseinanderzusetzen. Unter dem Motto "Wohnen? Wie die Götter!" entwickelten sie eigene Werke. Dossi schuf eine Calix (Kelch) mit dem Profil Emanuel von Seidls aus massivem weißen Carrara-Marmor, die im Rathausfoyer steht. Von 25. Oktober an bis zum Jahresende wird er ein gedoppeltes Seidl-Profil an die Westfassade des Schlossmuseums projizieren. Ebenfalls im Foyer finden sich die Arbeiten von Wolff, die mit gewebten Stoffstreifen Porträts von Seidl, seiner Frau und der Parklandschaft gestaltet hat. Das Gedenkjahr abschließen wird das Schlossmuseum Murnau mit einer dem Architekten gewidmeten Ausstellung (ab 4. Dezember). An diesem Donnerstag gibt es dort ein Podiumsgespräch. Zu Gast sind neben Dieter Wieland auch Annemarie und Stefanie Speermann, die in einer Murnauer Seidl-Villa leben.

Leben im Seidlhaus , Podiumsgespräch, Donnerstag, 17. Oktober, 19 Uhr, Schlossmuseum Murnau

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Quelle:
SZ vom 17.10.2019
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