Süddeutsche Zeitung

Zölibat:Priester sind auch nur Menschen

Dem Zölibat liege ökonomisches Kalkül zu Grunde, sagt ein SZ-Leser. Ein anderer Schreiber weißt darauf hin, dass jedes menschliche Versprechen misslinge - nicht nur das enthaltsame Leben.

Zu "Den Engeln ähnlich" vom 13./14. Juli:

Zwei Priester unterhalten sich über den Zölibat. Der eine fragt: "Ob wir wohl noch die Aufhebung des Zölibats erleben werden." Darauf der andere: "Wir wohl nicht, aber vielleicht unsere Kinder." In diesem Witz drückt sich das vielfältige Scheitern der Priester am Zölibat aus.

Das Scheitern am Zölibat dürfte aber, so hoffe ich wenigstens, bei den meisten ein schlechtes Gewissen zur Folge haben. Und was ist besser zur Aufrechterhaltung der Disziplin als das Bewusstsein, ein Sünder zu sein. Deswegen glaube ich nicht so recht daran, dass wenigstens die Kinder der Priester die Aufhebung des Zölibats erleben werden. Dabei sind wir bei dem ökonomischen Kalkül angelangt, das dem Zölibat bei der Einführung Ende des 11. Jahrhunderts zugrunde gelegen haben dürfte. Das dürfte nicht allein darin zu sehen sein, dass das Erbe eines verstorbenen Priesters mangels legitimer Kinder die Kirche sein würde, sondern überhaupt zu verhindern, dass sich bei ihm Besitz ansammelte. Dazu muss man einen Blick auf das damals gängige Lehnswesen werfen. Das veränderte sich damals, sodass das Lehnsgut nicht mehr an den Geber zurückfiel, sondern bei den Erben verblieb und dort nach und nach zu einem Eigentumsrecht erstarkte. Das bekam auch die Kirche mit: Da die damaligen Priester mit Kirchengut ausgestattet wurden, um ihren Lebensunterhalt zu sichern, musste man sicherstellen, dass dieses bei deren Tod an die Kirche zurückfiel. Das sah man wohl am besten gewährleistet, wenn der Priester keine Erben hatte.

Dr. Ulrich Klatt, München

Die Vorbesprechung zu dem neuen Werk Wolfs lädt nicht zur Lektüre dieses Buches ein, da es nur die Thesen zusammenzufassen scheint, die längst bekannt sind, was bei Wolf wundern würde. Warum keine kritische Würdigung der Lektüre, die dem Leser die Spannung zu Gegenthesen liefert? So bleibt es ein Wiederkäuen pragmatischer Einsprüche.

Die pragmatische Frage der bei Priestermangel selten gefeierten Eucharistie in Amazonien braucht seine Ambiguität im Verweis auf die Rarität aller Sakramente. Auch genügt es nicht, vom Misslingen des ehelosen Lebens zu schreiben, ohne das Misslingen jeglicher menschlicher Versprechen zu kalkulieren. Mit der Überschrift wird eine Frömmigkeitserfahrung ironisiert, ohne auch nur einen Versuch, Irdisches und Himmlisches in seiner Einheit zu verstehen.

Michael Rudolf, Aindling

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Quelle:
SZ vom 06.08.2019
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