Wohnungsunternehmen:Faire Vermieter

Schattenspiel in München

Schöne Wohnungen sind begehrt und teuer. Doch es gibt auch viele Eigentümer, die nicht nur auf die Rendite schielen.

(Foto: Nicolas Armer/dpa)

Viele Wohnungsunternehmen behandeln ihre Mieter gut - mit einem neuen Siegel können sie das in Zukunft zeigen.

Von Joachim Göres

Ob Deutsche Wohnen, Akelius oder Vonovia - viele Immobilienkonzerne stehen angesichts steigender Mieten und hoher Renditen zunehmend in der Kritik. In Berlin fordert eine Initiative in einem Volksbegehren sogar die Verstaatlichung ihrer Wohnungsbestände. Die Folge ist, dass der Ruf aller Vermieter leidet."Viele Genossenschaften sowie kommunale und kirchliche Wohnungsgesellschaften, die gemeinwohlorientiert arbeiten, fühlen sich bei dieser Diskussion unfair behandelt. Das wollen wir mit unserem neuen Siegel ändern", sagt Matthias Günther, Leiter des Eduard-Pestel-Instituts für Systemforschung in Hannover. Er hat zusammen mit zwei Mitstreitern den Verein "Meinfairmieter Gütesiegel" gegründet, der seit diesem April das gleichnamige Siegel unter bestimmten Bedingungen bundesweit vergibt.

"Wohnungsunternehmen, die klar zu ihrer sozialen Verantwortung stehen, können dies mit diesem Siegel jetzt nach außen dokumentieren", sagt Günther und fügt hinzu: "Es gibt ein großes Interesse an diesem Siegel." Nicht zuletzt, um sich von den schwarzen Schafen am Wohnungsmarkt abzugrenzen.

Ein entscheidendes Kriterium für die Vergabe ist für den Verein eine faire Miete. Dabei orientiert man sich an den Mietstufen zur Berechnung des Wohngeldes (siehe auch www.wohngeld.org). Je nach lokalem Mietenniveau gibt es sieben Stufen. So gilt beispielsweise in Pasewalk in Vorpommern aktuell die Mietstufe 1, in München hingegen die höchste Mietstufe 7. Für das Siegel haben die Initiatoren für die niedrigste Stufe eine Nettokaltmiete von sechs Euro pro Quadratmeter festgelegt, die sich dann von Stufe zu Stufe um jeweils 50 Cent erhöht, bis zum Maximalbetrag von neun Euro. "Die Durchschnittsmiete des Vermieters muss unter der lokalen Wohngeldstufe liegen", sagt Günther. Außerdem darf bei einer Modernisierung die Mieterhöhung pro Quadratmeter maximal zwei Euro betragen. Vom Jahresüberschuss dürfen nach Steuern maximal 3,5 Prozent ausgezahlt werden, zum Beispiel an Genossenschaftsmitglieder.

Zudem wird Wert auf Mindeststandards beim Sozialmanagement gelegt. So dürfen Vermieter bei Mietausfällen nicht einfach das ausstehende Geld über Inkassounternehmen eintreiben, sondern sie müssen selbst eine Beratung anbieten oder mit Schuldnerberatungsstellen zusammenarbeiten. Auch Angebote wie Wohncafés oder Mieterfeste werden gefordert, wenn man das Gütesiegel erhalten will. "Ich rechne damit, dass die meisten Siegel-Interessenten unsere Bedingungen erfüllen. Bei den sozialen Kriterien besteht am ehesten noch Verbesserungsbedarf", sagt Günther. Bewerbungen von börsennotierten Wohnungsunternehmen erwartet er nicht: "Sie haben Renditeerwartungen, die mit unseren Kriterien nicht zusammenpassen."

Mietern wird das Siegel allerdings nicht viel bringen. Viele Genossenschaften haben schon heute für Wohnungssuchende lange Wartelisten, die noch länger werden könnten, wenn das Siegel sie öffentlichkeitswirksam als faire Vermieter ausweist. Nach einer Befragung des Pestel-Instituts unter 310 Wohnungsunternehmen von Ende 2020 hat sich vor allem die Nachfrage nach Single-Wohnungen in den vergangenen fünf Jahren deutlich erhöht, mehr als 80 Prozent erwarten künftig ein noch größeres Interesse an kleinen und günstigen Wohnungen.

Das Gütesiegel könne laut Günther aber auch positiv bei Gesprächen mit Banken, Verwaltungen und der Kommunalpolitik wirken, wenn es um die Vergabe von Grundstücken und die Finanzierung von Bauprojekten gehe. Letztlich sei es nötig, dass Bund und Länder jährlich etwa zehn Milliarden Euro für den Bau günstiger Wohnungen zur Verfügung stellen und nicht wie derzeit 2,2 Milliarden Euro.

Der Deutsche Mieterbund (DMB) ist gespannt, welche Vermieter das Siegel verliehen bekommen. "Wir beobachten die Entwicklung des Gütesiegels mit großem Interesse, vor allem wenn es darum geht, Mieterinnen und Mieter über das gesetzlich vorgeschriebene Maß entgegenzukommen", sagt DMB-Pressesprecherin Jutta Hartmann.

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