Wind- und Solarstromanlagen:Im grünen Bereich

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Direkt hinter der Schäftlarner Gemeindegrenze stehen bereits Windräder. In zwei Jahren soll es auch im Forstenrieder Park so weit sein. (Foto: Hartmut Pöstges)

Zwei Ex-Banker wollen den Markt der erneuerbaren Energien beschleunigen. Um die Nachhaltigkeit des Unternehmens kümmern sich ehemalige Umweltaktivistinnen.

Von Marcel Grzanna

"Jaja", ist man geneigt zu denken, wenn Martin Siddiqui loslegt. Wie glaubwürdig kann ein Ex-Banker von JP Morgan sein, der jetzt sein Herz für die Nachhaltigkeit entdeckt haben will? Klar, auch JP Morgan bezeichnet Nachhaltigkeit als zunehmend wichtig. Doch Verbraucherschützer halten das Geschäftsmodell der Bank für wenig kompatibel mit einem aufrichtigen Versuch, die Welt tatsächlich grüner und gerechter zu gestalten.

Siddiqui sitzt mit dunkelgrüner Strickjacke im Videogespräch. Neben ihm Jana Herrmann. Sie war früher bei Greenpeace und ist heute bei der Klimabewegung Fridays for Future aktiv. Sie ist verantwortlich, dass ihr Chef beim Thema Nachhaltigkeit auch tatsächlich konsequent ist. Der Ex-Banker dürfe nicht einmal mehr seine E-Mails ausdrucken, um sich Notizen an deren Inhalt zu kritzeln, klagt er. "Und wenn ich von München nach Frankfurt fliegen würde, statt die Bahn zu nehmen, dann würde hier wohl die Hälfte der Belegschaft kündigen", sagt der 37-Jährige.

Die Firma mit Sitz in Grünwald bei München kauft und betreibt Solar- und Windparks in ganz Europa

Es gefalle ihm, dass die Leute um ihn herum "so konsequent sind". Seine eigenen Berührungspunkte mit der Nachhaltigkeit waren bislang überschaubar, gibt er zu. 2018 schmiss er dennoch seinen Banker-Job in Frankfurt und heuerte gemeinsam mit seinem Kollegen Christoph Strasser bei Pacifico Renewables Yield als Geschäftsführer an. Siddiqui suchte vor allem eine unternehmerische Herausforderung, der sieben Jahre jüngere Strasser wollte im Bereich der Nachhaltigkeit aktiver werden.

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Pacifico als Ausgangspunkt eignete sich für beide Laufbahnen. Die Firma mit Sitz in Grünwald bei München kauft und betreibt Solar- und Windparks in ganz Europa. Der Ankerinvestor der Aktiengesellschaft ist die Pelion Green Future Alpha, eine Investmentfirma unter dem Dach eines Firmenpools namens Arvantis des Kölner Selfmade-Milliardärs Alexander Samwer. Der hatte einst mit seinen zwei älteren Brüdern Rocket Internet groß gemacht. Nach seinem Ausstieg konzentrierte er sich auf Risikokapital, Immobilien und erneuerbare Energien.

Siddiqui und Strasser überzeugten Samwer mit dem sogenannten Yieldco-Modell. Der Trend stammt aus den USA und Großbritannien. Die Idee: Projektentwicklung und Betreibung werden unternehmerisch voneinander getrennt. "Das Risiko der Entwicklung von Solar- oder Windparks ist deutlich größer als ihr Betrieb. Durch das Yieldco-Modell wird das Risiko durch privates Anlagekapital absorbiert, und die Betreibergesellschaft erhält ein einfaches Profil, das sich viel besser für den Kapitalmarkt eignet", sagt Siddiqui.

Ende 2019 brachten die beiden Ex-Banker Pacifico an die Börse, also jenen Teil des Unternehmens, der die Anlagen betreibt, statt sie auch zu bauen. Dividende zahlt die AG allerdings frühestens ab 2024. Dann will die Gesellschaft Projekte mit einer Gesamtkapazität in Höhe von 400 Megawatt in ganz Europa betreiben. Zurzeit sind es noch deutlich weniger als die Hälfte. Die Umsatzerlöse erhöhten sich 2021 nach vorläufigen Berechnungen um 46 Prozent auf 22 Millionen Euro. Die Umsatzprognose für 2022 liegt bei 33 bis 43 Millionen Euro.

Um den Markt der Erneuerbaren schnellstmöglich auszubauen, nimmt Pacifico auch kleinere Projekte ab. Üblicherweise müssen Entwickler erst einmal rund 100 Megawatt installieren, ehe sie Investoren finden. Pacifico setzt stattdessen gezielt auf Wind- und Solarparks mit 5, 10 oder 15 Megawatt. Kleinere Projekte binden das Kapital kürzer. Das Geld kann dem Markt also schneller wieder zurückgeführt und in neue Projekte investiert werden.

Windräder hinter den Solarzellen einer Solarkraftanlage. Künftig will das Unternehmen die gesamte Lieferkette präziser zurückverfolgen und prüfen. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Als Hauptaktionär mit 63 Prozent Anteil sorgt Pelion dafür, dass immer ausreichend Kapital zur Verfügung steht. Auch bei Kapitalerhöhungen der Pacifico unterstützt Pelion tatkräftig. Die Schwesterfirma Pacifico Energy Partners treibt derweil neue Projekte voran, für die Pacifico dann den Zuschlag erhält. Alles legal, weil Pacifico Energy als GmbH nur seinen Gesellschaftern verpflichtet und eine Ausschreibung deshalb nicht nötig ist. Heikler Punkt ist jedoch die Preisbindung: Die Verkäufe müssen zu marktüblichen Konditionen über die Bühne gehen.

Gleichzeitig versucht das Unternehmen eine zu große Abhängigkeit von der Schwesterfirma zu vermeiden. Man bemühe sich daher um eine Diversifizierung, "indem weitere Projektentwickler ebenfalls zum Zuge kommen", sagt Siddiqui. Insgesamt seien es vier, bei denen Pacifico dann ein Vorkaufsrecht habe.

Die Ex-Banker sind ebenfalls an der Firma als Gesellschafter beteiligt und waren auch bei der dritten Finanzierungsrunde dabei, die dem Unternehmen kürzlich über eine grüne Unternehmensanleihe 35 Millionen Euro in die Kasse spülte. Die Anleihe sei nicht an ein ESG-Rating gebunden. Wobei ESG für die Bereiche Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance) steht.

Echte Nachhaltigkeit ist nicht so leicht zu erreichen

Grundlage für die Finanzierung sei dagegen ein "Green Finance Framework", ein Instrument, das auch bei großen Dax-Konzernen immer beliebter wird. So ein Regelwerk soll sicherstellen, dass die aufgenommenen Mittel tatsächlich auch in grünem und nachhaltigem Kontext verwendet werden. Pacifico hat sich die Integrität seiner Nachhaltigkeit zudem vom Industriespezialisten ISS bescheinigen lassen.

Um die Anforderungen der eigenen Belegschaft erfüllen zu können, entschieden sich Siddiqui und Strasser für den Stakeholder-Ansatz. Das bedeutet, dass Mitarbeiter, Investoren und Gesellschafter ihre jeweiligen Vorstellungen von Nachhaltigkeit einbrachten und zum Maßstab für das Unternehmen erklärten. "Es gibt gefühlt eine Million Unternehmensberatungen, die uns hätten zeigen können, wie man sich als Unternehmen ausreichend nachhaltig darstellt. Aber das hätte unserem Anspruch nicht genügt. Deshalb haben wir unseren Nachhaltigkeitsansatz aus dem Unternehmen selbst entwickelt und uns eigene Standards gesetzt", sagt Siddiqui.

Als problematisch erweisen sich Zulieferer aus China

Doch echte Nachhaltigkeit ist nicht so leicht zu erreichen. Als die Solarpark-Quereinsteiger neulich die Anlage eines Drittanbieters besichtigten, schien das Projekt im wahrsten Sinne des Wortes im grünen Bereich zu sein. Doch bei der Prüfung der Zulieferer stellte sich heraus, dass einer davon auch die Waffenindustrie mit Komponenten versorgt. Das Unternehmen steht auf der schwarzen Liste des Kreditgebers Triodos, einer niederländischen Nachhaltigkeitsbank, die das Geschäft finanzieren sollte.

"Solche Fallstricke lauern überall. Der Großteil der Komponenten kommt aus China, und dort gibt es Zulieferer, die mit fossiler Energie produzieren oder deren Produkte durch Zwangsarbeit hergestellt wurden", sagt Siddiqui. Eine Garantie könne er deshalb nicht abgeben, ob alle verbauten Module seines Unternehmens zu einhundert Prozent nachhaltig hergestellt wurden. Man arbeite jedoch so gut es gehe daran, Unternehmen entlang der Lieferketten weiter und präziser zurückzuverfolgen und zu prüfen.

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