Weitere Leserbriefe:Zu neuen Fußballregeln und einem Stadtschloss

Ein Leser setzt sich ausführlich mit neuen Spielformen im Jugendfußball auseinander. Ein anderer geht in den Streit mit einem Autoren über das Humboldt-Forum in Berlin.

Lange Nacht des Sport

Wie im Kinder-Hockey schon länger üblich, sollen auch junge Kicker in einem neuen Spielkonzept vermehrt auf vier Tore spielen statt auf zwei. Es geht um Erfolgserlebnisse und mehr Spaß.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Fußball mit vier Toren

Zu "Die Revolution ist ein Kinderspiel" vom 12. Juni: Zunächst ist für mich als Jugendtrainer in einem normalen Fußballverein nur interessant, was für die sportliche Aktivität der Kinder wichtig ist. Viele Ballkontakte und jede Menge Tore sind Grundlage für die Attraktivität des Spiels. Da kommt die Idee des Funiño mit vier Toren auf einem Kleinfeld gerade recht. Ob wir aber mit dieser Spielform fußballerische Ausbildungsdefizite schon im Bambinialter ausgleichen können und sollen, halte ich für fraglich.

Aus meiner Sicht werden junge Talente sowieso viel zu früh von den großen Vereinen weggecastet. Kaum ein Minikicker hat die Chance, dem Scouting-System in Deutschland zu entgehen. Den großen Sprung schaffen dann die wenigsten. Die Schuld für das Fehlen von dribbelstarken Individualspielern sollte man also nicht in den Kindermannschaften der Vereine suchen. Auch muss der Spielbetrieb bei allen Bemühungen um angemessene Regeln und kindgerechte Spielfeldgrößen noch den Fußball abbilden, der dann irgendwann gespielt werden soll. Nicht alle Veränderungen überstehen den Praxistest. Bis vor Kurzem standen Torhüter im Alter von 6 bis 13 Jahren in gleich großen Toren.

Seit vergangener Saison werden in Köln für die Kleinen die Tore oben mit einem Netz abgehängt. Eine Beispiel für eine sinnvolle Veränderung. Die große personelle Ausdünnung im Jugendfußball, im Artikel Drop-out genannt, ist mehreren Faktoren geschuldet. Wir verlieren viele Jugendliche an andere Mannschaftssportarten, weil diese erst später ausprobiert werden. Aber auch Handball und Volleyball haben ihr Existenzrecht, auch wenn sie in den Medien weniger präsent sind. In unserem Verein stellt sich das Problem anders dar: Ab der C-Jugend können wir aus Platz- und Trainermangel nicht mehr ausreichend viele Mannschaften anbieten. Und noch etwas: Es fehlt beim Kinderbereich vor allem an geschulten Trainern. Trainer sind da oft engagierte Väter, die nicht noch zusätzliche Zeit für den Erwerb einer C-Lizenz aufwenden können. Der Schlüssel für eine bessere Trainingsqualität könnte in einer groß angelegten Schulungsinitiative liegen: Trainerausbildung vor Ort.

Lüder Wohlenberg, Köln

Ein elsässischer Hahn?

Zu "Das Streiflicht" vom 12. Juni: Auch dem hochgeschätzten Streiflicht können subtile kulturelle Unterschiede entgehen: Galliens Hahn kann das letzte "i" seines morgendlichen Wachrufs nicht betonen, da er sich anders artikuliert. Nicht mit "Kikeriki" macht er auf sich aufmerksam, sondern mit "Cocorico". Da die Szene sich im Südwesten unseres Nachbarlandes abspielt, ist es unwahrscheinlich, dass es sich um einen elsässischen Gockel handelt.

Georg Zeißler, Nürnberg

Berliner Geschmacksfragen

Zu "Fluch der Haustechnik" vom 13. Juni über die Verschiebung der Eröffnung des Humboldt-Forums (Stadtschloss) in Berlin: Die Anmerkung des Autors Jens Bisky zum Humboldt-Forum mit dem Döblin-Zitat "Hier war von Anfang an alles verdorben" ist, da sie ja wohl auch auf die umstrittene Rekonstruktion der Schlossfassade zielt, stadt- und architekturhistorisch so nicht korrekt.

Die äußerliche Rekonstruktion des Stadtschlosses ist der Schlussstein einer über die Jahrhunderte gewachsenen innerstädtischen Magistrale vom Brandenburger Tor bis zum Lustgarten mit Berliner Dom, Staatsoper, Zeughaus und Neuer Wache und hat überhaupt nichts mit glorifizierendem Preußentum zu tun. Die Sprengung des Stadtschlosses durch die SED war ideologisch begründet und auch widersprüchlich, das benachbarte Zeughaus (preußisches Waffenmuseum!) wurde in der DDR sehr wohl wieder aufgebaut. Was uns eine "moderne Architektur" an diesem historischen Ort beschert hätte, ist seit der Wiedervereinigung in erschreckendem Maße allerorten zu sehen, oft reine "Gefängnisfassaden-Architektur", Beispiel BND-Neubau.

Wilfried Mommert, Berlin

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