Weitere Leserbriefe:Finanzhilfe, Myanmar

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Eine Leserin verteidigt den Rettungsschirm für Physiotherapeuten in der Pandemie. Ein Schreiber sieht MAN zu Unrecht kritisiert ob der Lastwagen-Lieferungen eines Beteiligungsunternehmens in die Krisenregion in Myanmar.

Gefährlicher Feinstaub

Zu " Ganz schön staubig" vom 7. April: Der Umweltwissenschaftler Jens Soentgen nennt im Interview viele Staubquellen in und außerhalb des Hauses; aber es ist schon sehr verwunderlich, dass er an keiner Stelle den Straßenverkehr als hohen Mitverursacher explizit benennt. Soll man sich das, wenn man über Feinstaub in der Großstadt spricht, selbst dazudenken.

Soentgen findet es "spannend", dass dieser Feinstaub "die mobilste Form von fester Materie ist". Und trotz dieser mobilen Eigenschaft gehört der Feinstaub nicht zu der von Soentgen benannten Materie, die als Staub zum Fenster hereinweht. Die Wirkungen von Feinstaub auf den menschlichen Organismus sind bekanntlich verheerend: Sie verursachen Schleimhautreizungen, Atemwegsentzündungen, Herz- und Kreislaufprobleme sowie Krebs.

Meine empirische Beobachtung dazu: Trotz der viel größeren Nähe zur Sahara und den Salzen aus den Ozeanen muss ich beim Urlaub im völlig autofreien ligurischen Landstrich um den Küstenort Corniglia wochenlang nicht putzen, weil sich einfach kein Staub ansammelt. Es kommt also zu Hause in Südwestdeutschland wohl doch noch anderes zum Fenster herein als nur Vulkanasche, Saharastaub und Ozeansalze.

Dorothea Hennig, Offenburg

Rettungsschirm war dringend

Zu " Lobbyist in eigener Sache" vom 30. März: Ich bin Logopädin mit einer Praxis mit drei Mitarbeiterinnen und seit 2006 dabei. Meine Situation und die der mir bekannten Therapeuten allgemein, nicht nur der sogenannten Heilmittelerbringer, bildet der Beitrag so nicht korrekt ab. Bis 2018 war für angestellte Therapeuten und auch für Praxisinhaberinnen nicht viel mehr als der Mindestlohn drin, hier in Sachsen lagen wir sogar lange Jahre weit unter dem Durchschnittslohn anderer Therapeuten. So war kaum daran zu denken, Rücklagen zu bilden oder eine Altersvorsorge aufzubauen. Zum Glück hat sich das seit 2018 etwas verbessert, dazu hat zum großen Teil auch Herr Kühne beigetragen.

Die Aussage, unser Einkommen hätte sich verdoppelt, ist eine Unterstellung. Als im Frühjahr 2020 Corona zuschlug, sank das Einkommen in den Praxen zum großen Teil auf nahezu null, und die bis dahin eventuell aufgebauten Reserven schmolzen dahin. Ich bin dem Abgeordneten Kühne sehr dankbar, dass er mit seinem Einsatz den Rettungsschirm für uns mit möglich gemacht hat. Dies verhinderte, dass ich Mitarbeiterinnen entlassen oder gar die Praxis schließen musste.

Vielleicht beschäftigt sich die SZ mal mehr mit dem finanziellen, zeitlichen und personellen Mehraufwand, den die therapeutischen Praxen jetzt leisten müssen. Dieser fehlende Teil der Recherche zum Thema lässt mich eher daran glauben, dass hier ein Politiker im Rahmen der ganzen Vorkommnisse um Nebengeschäfte bei der CDU mit Krampf zu Fall gebracht werden soll.

Katrin Hähnel, Radebeul

Moralische Ersatzhandlung Zu " Motoren für die Mörder" vom 29. März: Die Diskussion, ob MAN eine Verantwortung für die Niederschlagung der Demonstrationen in Myanmar trägt, zeigt meines Erachtens die totale Hilflosigkeit von Deutschland, effektiv in derartigen Situationen eingreifen zu können. Dies versucht man durch moralisch aufgeladene Ersatzhandlungen zu kompensieren. Man macht MAN dafür verantwortlich, dass ein chinesischer Lastwagenhersteller, an dem MAN eine Minderheitsbeteiligung hat, Lastwagen ans Militär von Myanmar verkauft. Davon abgesehen, dass man Myanmar bis vor Kurzem noch auf einem leidlich positiven Weg der politischen Entwicklung wähnte und ein "Lastwagenembargo" fragwürdig gewesen wäre, ist die Frage, ob das etwas Reales bewirkt hätte? Man kann Soldaten auch mit requirierten Schulbussen zum Einsatz in die Städte fahren, dafür braucht man keine geländegängigen Fahrzeuge.

Klaus Götzer, Puchheim

Reform der Diagnose-Leitfäden

Zu " Spuren der Seele" vom 13./14. März: In Anbetracht der Tatsache, wie viele Krankheiten und "Störungen" in den vergangenen 50 Jahren aus den Verzeichnissen DSM und ICD entfernt wurden, stellt sich doch die Frage, ob nicht die "Bezugsgrößen" geändert werden sollten. Es existiert eine sehr feste Vorstellung, was als "normal", was als "Abweichung" zu gelten hat. Ist wirklich nur normal, was einer fixen Idee von Normalität entspricht? Oder könnte es auch sein, dass manches als Normvariante viel besser beschrieben wird als mit dem Attribut "gestört"?

In den fast 40 Jahren, die ich als Psychotherapeut mit jungen Menschen arbeite, bin ich immer wieder über diese Diskrepanz gestolpert, oft auch durch die jungen Menschen selbst, die sich zwar als "anders als die sog. Norm" bezeichnen, keineswegs aber als gestört oder gar krank. Gänzlich wenig sinnvoll wird es, wenn versucht wird, Oberbegriffe für viele verschiedene psychische Krankheiten zu finden. Das führt nicht zur Vereinfachung oder besseren, differenzierteren Betrachtungsweise, sondern zu therapeutischer Vereinheitlichung, nach dem Motto: Was unter einem Oberbegriff steht, kann auch gleich behandelt werden. Die Klassifikation psychischer Krankheiten bedarf sicher dringend der Reform, aber bei der Gelegenheit sollten Störungen, Krankheiten und Normvarianten getrennt und Letztere endgültig aussortiert werden.

Hans-Werner Saloga, München

© SZ vom 20.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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